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Nach 1871: Der Kulturkampf,
schembar aufraffte, um die letzten Neste desselben gegen Amerika zu verteidigen, da verlor es alles, auch die Ehre. Denn rühmloserist noch nie ein Krieg geführt worden. Nimmt man dazu die uner-freulichen Znftände in dem Papstland Italien , den Zersetzuugs-proceß deS katholischen Österreich und deu unverkennbaren Nieder-gang des ebenfalls katholischen Frankreich , das in diesem Augenblickan einer ihm von den Klerikalen im Bunde mit Antisemitismusund Militarismus geschlagenen Wunde schwer darniederliegt, so istes mit dem stolzen „Katholisch ist Trumpf" in der Wcltpolitikso gar weit her in diesem Augenblick doch nicht; nur in dem über-wiegend Protestantischen Deutschland scheint das Wort noch wahrzu seiu. Daher die Anstrengung, hier wenigstens festzuhalten, wasmau hat, uud immer neue Triumphe zu erringen.
Die protestantische Abwehr.
Wie verhielt sich nun zu dem allem der Protestantismus ?Seine Stärke liegt iu der Freiheit, und diese steht mit der Biuduugdurch die Autorität eines Unfehlbaren im diametralsten Gegensatz:so mußte durch das Batikaunm die Kluft zwischeu deu beiden Kirchenprinzipiell noch erweitert werden, und der Kulturkampf trug dazuauch iu der Praxis das Seiuige bei. Allein im Wesen der Freiheitliegt auch die Gefahr der Uneinigkeit und Zersplitterung, und ihrist der Protestantismus in unserem Jahrhundert mehr als je zu-gänglich gewesen: er macht heute vielfach den Eindruck völligerZerklüftung und Auflösung, wie bei einem Parlament redet mannicht uur vou einer kirchlichen Rechten und Linken, sondern mankennt sogar mehrere Mittelparteien. Das lahmte schon währeud desKulturlampfes nicht nur seine, sondern auch die Kraft des Staates.Die orthodoxen Protestanten, darin mit den Konservativen eins, mitdenen sie sich während der Reaktionszeit immer mehr identifizierthatten, waren ihm gegenüber von zwiespältigen Gefühlen bewegt:als Protestanten mußten sie den Staat in seinem Kampse gegendie WeltbeherrschungStendenzen der römischen Kirche unterstützen:als orthodox-konfessionell wurden sie von den Maigesetzen über dieCivilche im Reich, die Schulaussicht iu Preuße«, die Sinniltan-schule iu Badeu mitbetrvffeu und haben deshalb auch ihrerseits