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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Nach 1871: Socialismus und Socialdemokratie.

Bürger" hinein vorgeschoben; auch seine Verbindung mit Pestalozzi,dem Verkündiger einer socialen Pädagogik, zeugt dafür. Andersdagegen verhält es sich auf dem Boden deS gesellschaftlichen, deswirtschaftlichen Verkehrslebens. Hier steht in der That jeder alseinzelner den andern einzelnen gegenüber, weder nach der Theorienoch in der Praxis als ein sittlich handelnder, in keiner Weiseihnen sittlich verbunden und verpflichtet, sondern lediglich nur alsein Güter produeierendes, Güter tauschendes, Güter konsumierendesWesen. Und als solches jeder für sich und aus eigener Kraft,jeder für sich und im eigenen Interesse, im übrigen aber vo^us^-cktzre! Auf daß jedoch das Schiff flott werde, dazu muffen, sagtdie individualistische Volkswirtschaftslehre, alle Hindernisse weg-geräumt oder doch wenigstens weggedacht werden. Wegzuräumensind die staatlichen Hindernisse, die noch aus dem Mittelalter uudder Zeit fürstlicher Allgewalt stammen: Leibeigenschaft und Hörig-keit, Frondienst und Erbunterthänigkeit, Znnft- und JnuungSzwang,Verkehrsschranken von Ort zu Ort und von Land zu Land, gesetzlicheBeschränkung des Niederlassung^- und Heimatrechts, der Ehe-schließung und Familiengründung, die staatliche oder kommunaleFestsetzung der Preise und Löhne, die gesetzliche Regulierung derDienst- nnd Arbeitsverträge. Und wegzudenken wenigstens istAdam Smith hatte das freilich nicht gewollt und geineint diesittliche Natur jenes gesellschaftlichen Atoms, mit ihr hat die VolkS-wirtschafts- nnd Gescllschaftstehre nicht zn rechnen; und wennfaktisch derjenige am weitesten kommen und sich am besten stellensollte, der am rücksichtslosesten vorwärts hastet, skrupellos sein Ichnnd dessen Interesse znr Geltung zu bringen sucht, so ist eS nichtSache einer individualistischen Wirtschastslehre, ihn davon zurück-zurufen nnd sich bei solchen Bedingungen aufzuhalten; sie kenntmir eines: die freie Konkurrenz nnd als Triebfeder des ganzenHandels und Wandels volkswirtschaftlich ausgedrückt den Profit,die Rente, ethisch gedacht den Egoismus.

Was aber dabei herauskommt? Wir seheu es im Lause desJahrhunderts: im Wettbewerb aller gegen alle ein immer steigenderWohlstand, eine immer sich mehrende Güterproduktiou, immergrößerer Reichtum au Kapital, Bervvllkommnnng der Technik,