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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Die National-Socialen.

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thun. Auch den Bund der deutsche» Bodenreformer, der sich nu deuAmerikaner Henry George anschließt, kann man hierher rechnen,namentlich seitdem er seine eigentliche Absicht einer Niickverwandlnngdes Grundbesitzes in Gemeingut vorsichtig verschleiert und sie dafürganz allgemein dahin bestimmt, daßder Grund und Boden, dieseGrundlage aller nationalen Existenz, unter ein Recht gestellt werde,das seinen Gebrauch als Werk- uud Wohnstätte befördert, dasjeden Mißbrauch mit ihm ausschließt und das die Wertsteigeruug,die er ohne die Arbeit der Einzelnen erhalt, möglichst dem Bolks-ganzen nutzbar macht".

Bei alledem läuft natürlich auch viel Laienhaftes und Dilettanti-sches, viel Gutgemeintes und Unbrauchbares mit uuter. Es ist oft mehrguter Wille und Gefühl als Sachkenntnis und praktisches Verständnisvorhanden. Um so erfreulicher ist, daß aus den deutschen Universitätender Besuch der nationalökonomischen Borlesungen stark in Aufschwungund Mode kam, socialwisseuschastliche Stndeutenvereinigungen ent-standen, in denen über soeialpolitische Fragen Belehrung gesuchtund gegeben wird, daß für Geistliche, Lehrer und Beamte social-wissenschaftliche Ferienkurse abgehalten werden und so ein Stromnationalökonomischen Wisseus sich über weite Kreise der deutscheuGesellschaft ergießt. Das alles trägt zur Verstäudiguug uud Ver-söhnung unseres durch die socialistische Bewegung zwanzig Jahrelang stark zerklüfteten Volkes mächtig bei. Und fraglos kann manam Ausgang des Jahrhunderts sagen: die Gefahr eines gewalt-samen Zusammenstoßes uud großenKladderadatsches", die unseine Zeitlang nahe und fast unvermeidlich schien, ist erheblich indie Ferne gerückt und erscheint hellte schon recht vielen geradezu alsbeseitigt, wenn sie nicht gewaltsam oder gar absichtlich heranfbeschworenwird. Was aber nicht soviel heißen will, als ob die sociale Fragevom neunzehnten Jahrhundert auch bereits gelöst sei; nur den Wegzur Lösung hat dieses gefunden, eine Neuordnung der Gesellschaftdnrch sociale Reformen und Förderungder Einsicht in die Be-ziehungen zwischen dem Individuum uud der Gesellschaft ans demGebiete des wirtschaftlichem, sittlichen und politischen Lebens": imübrigen hat die sociale Frage nach einem Ausdruck Treitschkes an-gefangen,sich in eine lange Reihenfolge praktischer Einzelsragcn