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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Deutsche Machtstellung uud deutsches Machtbcwußtseiu.

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und die Jugend erfüllte, mit seiner starken Stimme Ausdruck undNachdruck gegeben und es namentlich dieser letzteren erst recht zumBewußtsein gebracht.

Als 1871 unser Sehnen nach Kaiser und Reich gestillt nnddiese Ideale unserer Jngend verwirklicht waren, da ergriss nnSetwas wie Heimweh und Sehnsucht uach verloren gegangenenIdealen. Ganz anders bei der Generativ», die in diese Wirklichkeithineinwuchs. Ihr waren das keine Ideale mehr, nnd daher standsie denselben realistisch gegenüber; sie verstand daher auch nicht,wie eS jemand sich beikommen lassen konnte, daran zn rütteln.Darin lag eine Sicherheit, wie sie die ältere Generation nie gefühlthatte nnd sich auch uicht mehr erwerben konnte, darin aber aucheine gewisse uationale Unduldsamkeit uud Ausschließlichkeit. InBismarck und Kaiser Wilhelm I. sah sie das alles verkörpert, nnddaher schloß sie sich ihnen als Führern unbedingt an. Das war inden achtziger Jahren, zu einer Zeit also, in der die konservativen Mächteuud Parteien, das ostelbische Junkertum und anch die Kirche ansihrer Seite standen. Im Liberalismus dagegen sah die so heran-wachsende Jugeud den Gegner; was er in langjährigen Kämpfenerstritten hatte, wurde danklos als vorhanden hingenommen, waser an Ausdehnung der Freiheit uoch weiter erkämpfen wollte undworau er prinzipiell nnd ideal festhalten zu müssen glaubte, dasschätzte man gering oder sah darin sogar ein Feindliches uudTrennendes. So wurde die Jugend der achtziger Jahre konservativ.Auch darin wurde Treitschke zum Wortführer für viele. An derVerschiedenheit seines Urteils über Strauß in den Jahren 1866uud 1889 kauu man sehen, wie er in kirchlich-religiösen Fragennachgedunkelt hat; und wenn er in seinen Norlesungeu über Politikuicht nur die Simultanschnle, die er nicht einmal verstand, sondern auchdie obligatorische Civilehe bekämpfte, so zeigt das, in welchem Maßeer anch politisch konservativ geworden ist. Mit diesen konservativenNeigungen der gebildeten Jugend verband sich dann jene militaristischeSchneidigkeit nach unten und ein gewisses SubvrdiuationSbewußtseinnach oben, das aber doch noch andere tiefere Gründe hatte. Hierwirkte Bismarcks übergewaltige und übermächtige Persönlichkeitetwa ebenso ungünstig, wie diejenige Luthers aus die unter ihrem