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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Nach 1871: cls sidols".

Schutz und Erweiterung ihrer Rechte handelt, Männer für sie ein-treten, und an solchen fehlt es auch nicht: soweit die Fraueufrageein Stück der socialen oder Arbeiterfrage überhaupt ist, siud esnatürlich in erster Linie die Socialdemokraten, die sich ihrer an-nehmen ich nenne vor allem Vebel und sein Buchdie Frauuud der Socialismus".

Allem eben diese Notwendigkeit sich durch Männer vertretenzu lassen, führt auf eine zweite Seite dieser Frauensrage: die rechtlichund Politisch inferiore Stellung der Frauen überhaupt, die in ge-wisser Beziehung bis zur vollen Rechtlosigkeit gesteigert ist. Hiersind es vor allem die gebildeten Frauen, welche dagegen angehen:so weit, das aktive und Passive Wahlrecht in Staat und Reich, inGemeinde und Kirche sür sich zu begehren, wagen sich nnr diewenigsten vor. Das überlassen sie einstweilen noch einzelneu be-sonders vorgeschrittenen Staaten Nordamerikas und Australiens undder Zukunft; Ziel bleibt es freilich. Aber neben dem Institut derweiblicheu Fabrikinspektoren etwa die Beteiligung der Frauen beiden Wahlen zu lokalen Schulaufsichtsbehörden oder die Anstellungvon Polizeimatronen oder ihre Mitarbeit bei Arbeiterschiedsgerichtenund Verwaltung von Nrbeiterkassen ihnen zu gewähren, das wäredoch wahrlich weder gefährlich noch unbillig und ist schon znr Er-ziehung der Frau sürs öffentliche Leben dringend notwendig. Undebenso sühlten sich die Frauen bei den Bestimmungen des bürger-lichen Gesetzbuches über Ehe und Vermögensverwaltung benachteiligt;doch war hier ihre Agitation zur Erlangung besserer Bestimmungenvergeblich. Uud vergeblich ist einstweilen auch noch das doch soberechtigte Verlangen nach gleicher Behandlung von Mann undFrau iu den gesetzlichen Bestimmungen über Prostitution undgeschlechtliche Krankheiten. Hier ist überhaupt einer der wundestenPunkte in unserer vielfach so miserabeln Gesellschaftsmoral.

Sind an diesem zweiten Punkt alle Frauen gleichmäßig be-teiligt, wenn auch die Vorkämpferinnen für Erweiterung derpolitischen und bürgerlichen Rechte vornehmlich den gebildetenStänden angehören, so sind diese sast ausschließlich die Trägerinnender dritten, im Augenblick im Vordergrund stehenden Seite derFrauensrage der Forderung einer höheren, der männlichen