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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
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Nach 1871:?in ds sidels".

Frau einen Mann und ein Hans zn geben, nnd auch solange,als man es ganz natürlich findet, daß die Töchter des Volkes ander Arbeit ihrer Väter, Männer, Brüder ihr schweres Teil auf sichnehmen und mir den höheren Töchtern dieses Recht vorent-halten -wird.

Unbestritten ist eigentlich nur ein Fach, das der Lehrerin.Nicht bloß als Erzieherinnen in Privathäusern, als Kindergärt-nerinnen und Kinderschullehrerinncn, auch an Volksschulen undhöheren Töchterschulen finden Frauen als Lehrerinnen Verwendung,und dafür sind teilweise sogar von Staats wegen Einrichtungengetroffen und Seminarien gegründet. Aber das reicht nicht aus,längst schon ist dieses Fach überfüllt; und überdies erhebt sich ganzbesonders dringend das Verlangen nach weiblichen Ärzten. Beispecifischen Frauenkrankheiten sperrt sich die weibliche Schamhaftigkeitnur zu oft gegen Untersuchung uud Behandlung von Männern, unddas mit Recht. Dazu bedarf es aber des Universitätsstudiums, nnd soist heute ein Hauptgegenstaud des Streites die Zulassung der Frauzu unseren Hochschulen. Natürlich läßt sich diese nicht auf diemedizinische Fakultät beschränken: auch das für den Unterricht inden oberen Klassen von Töchterschulen geforderte Oberlehreriuzeugnissetzt akademisches Studium voraus. Uud endlich, warum soll eineFran nicht auch Jnrisprudenz und Nationalökonomie, nicht Mathe-matik und Naturwissenschaften, nicht Philosophie uud Theologie,zuuüchst eiumal für sich, studieren dürfen?

Der Kampf, der sich um diese Forderungen erhob, war erstein theoretischer: man wollte die Jnferiorität der Fran als Physio-logisch uud Psychologisch begründet nachweisen. Allem weder dieBerufung auf das Gewicht und die Struktur des Gehirns nochauf die Zusammensetzung des Blutes wollte verfangen; übrig bliebnur die Frage, ob die Physische Kraft der Frau für die An-forderungen des Studiums ausreicht, und das läßt sich nur durchdie Erfahrung erweisen, die denn auch bereits iu vereinzelten Füllenzu ihren Gnusteu entschieden hat, wogegen freilich auch das Wort,daß die Frau nur memoriere, uicht studiere, gefallen ist. Sagteman aber, daß die Frau deswegen nichts dem Mauue Ebenbürtigesleisten könne, weil sie es bis jetzt nicht geleistet habe, so ist das