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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Nach 1871:5in 6s siede".

ein Glockenspiel also wie noch nie eines dagewesen. Das ist poetisch,aber ist nicht klar gedacht, oder wird erst klar, wenn wir die Glockesymbolisch deuten. Der Gegensatz lehrt uns diese Deutung, die anden Pfarrer gerichteten Worte:

Und hab ich manche Glockensorm zerschlagen,so heb ich auch den Hammer wohl einmal,'ne Glocke, welche Pöbelkunst gebackenaus Hoffart, Bosheit, Galle , allem Schlechtenmit einem Meisterstreich in Staub zu schmettern.

Und nun ahnen wir, was das ueue Glockenspiel will und soll:

Von einer Kraft des Schalles,an Urgewalt dem Frühlingsdonner gleich,der brünstig brüllend ob den Triften schüttert;und so: mit wetternder Posaunen Lautmach' es verstummen aller Kirchen Glockenund künde, sich in Jauchzen überschlagend,die Neugeburt des Lichtes in die Welt.

Ein symbolisches Werk ist also die versunkene Glocke, das Sinn-bild einer menschheiterleuchtenden, menschheiterlösenden, menschheit-beglückenden Zuknnft. Dem Symbolismus gehört diese neue PeriodeHauptmanns an; und nicht nur ihm, sondern zugleich auch deinMystizismus. Es ist eine Naturmystik, die im Rautendcleiu undden Elfen, im Nickelmann und Waldschrat ihre Verkörperung findet,auch die Sonne spielt ihre Rolle mit. Dabei bleibt noch einmalmanches unklar, aber hier liegt doch der poetische Glanz und Reizdes Stücks, wir sind im Zauber- uud Märchenreich der Natur uudihrer Geister, wie wir auch schon im Hannele jenseits der Wirklich-keit, im Reich des Traumes uud des Wuuders waren. Aber wiedort neben diesen entzückenden Kinderträumen voll sinnlicher undgläubiger Naivetät der Realismus des Armenhauses, so mittenunter diesen poetischen Naturgeistern die alte Wittichen , die sogarnach gut naturalistischem Rezept ihreu abscheulichen heimischenDialekt redet uud uus so ganz unsanft aus der Märchenwelt aufdeu harteu Boden der Wirklichkeit herabstößt.

Denn das gehört allerdings mit zu dem Programm dieserJungen, auf dem Theater die Sprache des Lebens, und zwar nichteines Posierten, sondern des wirklichen Lebens sprechen zu lassen; nnd