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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
Entstehung
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Schluß.

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christliche »der gar kirchliche Färbung. Auch derJohauues" istkein Zeichen, daß Sudermann eine solche Wendung nehmen will,sein Thema ist die Liebe, nicht die Religion, und Sudermanuselbst ist viel zu ostpreußisch verständig und kühl, um jemalsmystisch werdeu zu können, viel zu sehr auf den dramatischenEffekt bedacht, um innerlich sich von etwas ergreifen uud besitzenzu lassen. Hauptmann ist auch darin tiefer, seine Berührung mitden Herrnhutern spürt mau ihm au. Aber in der versunkeneuGlocke hat seine Mystik wie die Böcklins geradezu einen Stich insHeidnische, sein Heinrich will den alten Glauben zertrümmern undhat somit eher etwas vomAntichrist" als vom Parsifal, dersich vor dem Kreuze niederwirft. Hoffentlich erwehrt sich auchfür die Zukuuft diese Neuromantik der katholisierenden undkirchlichen Tendenzen ihrer älteren Schwester. Strauß und Feuer-bach liegen doch zwischen beiden. Dagegen würde uns allerdingsSchopeuhauers Atheismus und Nietzsches Antichristentum vor eiuemsolchen Rückfall schwerlich zu schützeu vermögen: beim letztereillag die Umkippuug vom Antichrist znm Christ vielleicht über-raschend nah.

Wenn ich die Litteraturbewegung unserer Tage au deu Schlußund damit in eine besonders helle Beleuchtung gestellt habe, somöchte ich das nicht so angesehen wissen, als ob ich ihre Bedeutungüberschätze. Es ist ja wahr, sie steht heute wieder mehr im Border-grund des Interesses. Die Erstaufführung einesJohannes" odereinesFlorian Geyer " ist nicht nur iu dem sensationslüsternenBerlin ein Ereignis, uud auch um die neuere deutsche Lyrikkümmert man sich wieder, wenn man sie auch nur aus der treff-lichen Auswahl Busses oder aus Feuilletonberichten kennt; deneinzelnen Lyriker, und wäre er selbst ein so hervorragender wieDetlev von Lilieneron, läßt man daneben freilich ruhig weiterhungern. Allein wie weit dieses Interesse ein innerliches undsachliches ist, ist schwer zu bestimmeu, seknndär ist es aus alle