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Die geistigen und socialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts / von Theobald Ziegler
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Nach 1871:?ill äs sisets".

oder um zwei Namen zu neunein der Schritt von Goethe bisBismarck ist so groß, daß 'man ihn nicht auf einmal machen kann,sondern in seine verschiedenen Etappen zerlegen und diese alle ein-zeln aufzählen und mit Nameu nennen mnß.

Nur für I'in cl«z 8!bol«z selbst hebt sich aus dem Stimmengewirrmit voller Deutlichkeit eiu Gegensatzpaar hervor: zwischen Socialis-mus uud Individualismus bewegt sich das geistige Leben desdeutschen Volkes im letzten Jahrzehnt des neunzehnten Jahr-hunderts hin und her. Hie Bismarck! dort die Socialdemokratie!hie ^'icnsche! dort die Mvral dec- AlMU5>uu-ö! hie völlig Minium',dort der Verein für Socialpolitik! Auf der eineu Seite steheudie Weber",Johannes" undDie versunkene Glocke" auf deraudcreu; Lamprechts kollektivistische und Marx' materialistischeGeschichtsbetrachtung uud im vollen Gegensatz dazu die Individua-listen Sybel, Treitschke und Friedjung; und iu merkwürdiger Ver-schränkung der Historismus des Jahrhunderts überhaupt mit seinemGlanben an die Macht und an das Recht des Bestehendenin seiner Existenz aufs heftigste angegriffen und bedroht von demrevolutionären Austurm einer individualistischen Jugeud gegen dieUnterwerfung unter Konvention nnd Regel; die Frauensrage weitervon den einen gefaßt als Massen- und Lohnbewegung, von den andernals ein Kampf um höhere, freiere Bildung und um die individuelleGleichberechtigung aller einzelnen; Socialpädagogik nnd Socialethik,das höchste Gut als Massenglück nnd Massenwohlsahrt, unddaneben die Forderung, auch bei der Erziehung zu individualisierenund endlich einmal Ernst zu machen mit einer Ethik jenseits vonGut uud Böse bestimmt für geniale Menschen, die es satt haben, immernur für andere zu leben, die selbst erleben und ganz schrankenlos sichausleben wolleu. Das ist der Gegensatz der Zeit, darum wirdheute gestritten, gehadert und gekämpft. Zu wessen Gunsten dieserStreit sich entscheidet, wer will es sagen? Das ist eine Zukuufts-frage, und Zukunftsfragen zu beantworten, dazn bin ich nicht da,prophezeien ist nicht meine Sache, mit der Zukunft habe ich es nichtzu thun. Wie das zwanzigste Jahrhundert aussehen und wie esseine Aufgaben löseu wird, weiß niemand von uns, zumal da hierauch das änßere Geschick unseres Volkes mit seinen Zufälligkeiten