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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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Alexander v, Humboldt und E. M. Arndt.

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sönlicher Wirksamkeit, im Anteil an den großen Tagesfragen ihrElement fanden, wie Alexander von Humboldt (17691859)und Ernst Moritz Arndt (17691860). Zwei Naturen vonbeispielloser Lebenskraft, sind sie durch und durch auf öffentlicheThätigkeit, auf die Bemühung um greifbare Ziele angelegt. Arndtfährt mit dem großen Minister von Stein durch die russischenSteppen; Humboldt , der Weltdurchwanderer, ist unermüdlich inpersönlicher Einwirkung auf Friedrich Wilhelm IV. für die ver-triebenen Göttinger Professoren oder für Uhlands Auszeichnungthätig. Arndt schreibt pathetische Flugschriften und hält rednerischbewegte Ansprachen, Humboldt ergeht sich in witzigen Plaudereienund sarkastischen Briefen: ein lebendiges Gegenüber, ein persönlicherAdressat, auf den direkt gewirkt werden kann, ist ihnen Bedürfnis.So hat Humboldt mit seinem großartigen, wenn auch frag-mentarischenKosmos" (18451858) die populär-wissenschaftlicheLitteratur geadelt und ohne die Autorität seines Vorbildes besäßenwir vielleicht weder die trefflichen Reisewerke der Barth und Nach-tigal, der Haeckel und v. d. Steinen, noch die meisterhaften ge-meinverständlichen Vorträge und Darstellungen eines Justus Liebig ,Henle, Helmholtz, du Bois-Reymond, Brücke und so vieler anderer. Arndt hat mit seinen prachtvollen Prosaschriften den Nachhallnicht gefunden, den er verdiente. Besäße eine andere Nation einBuch wie seinenGeist der Zeit" (1807), so voll eindringlicherCharakteristik der Völker, voll mahnender Schilderung der Stünde,voll feuriger Vaterlandsliebe es stände auf dem Bücherbrettjedes Patrioten, es fehlte nirgends, wo man Kraft der Rede ehrt.Wir schwärmen heut für Carlyle; hier könnten wir Deutsche mehrhaben als an Carlyle. Doch heut ist es dazu wohl zu spät. Da-für wirken noch heut seine Lieder, die ihr volkstümlich-patriotischerTon zu den ersten deutschen Nationalliedern machte:Was ist desDeutschen Vaterland?"Was blasen die Trompeten?" und, schwung-voller als beide:Der Gott, der Eisen wachsen ließ".

Aber der gleiche Geist der Aktivität ergreift selbst den welt-scheuen, früh gebrochenen Träumer. So vielfach sich FriedrichHölderlin (17701843) mit Novalis vor allem berührt ergehört der Romantik nicht an und nicht ihrer Weltanschauung.Wie Zacharias Werner Luthern znm bleichen Sonnambulen undTieck Hardenbergs lebensfrische Braut zum früh dem Tode reifenKind umgedichtet hat, so hat man Hölderlin zu einem Bild der