„Ein treuer Diener seines Herrn"
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bliebe? Und er erschafft einen ganz neuen Bancban. In allerVerzweiflung des Herzens, in der Ehre aufs tiefste bedroht, vonallgemeiner Empörung umstrudelt hält Bancban sich fest an derihm aufgetragenen Pflicht. Kein Zweifel, er erschien dem Dichterals ein Heros, größer als Jason und Ottokar. Uns will er nichtso erscheinen. Wir meinen, es sei männlicher, in solchen Momentenalles zu vergessen, selbst die Pflicht. Bedroht doch das frevlerischePaar, Otto und die Königin, die ihn begünstigt, das Wohl desganzen Landes, seine feste Rechtsordnung, Sitte, monarchisches Ge-fühl, Ehre der Vornehmen, alles. Wir stehen auf einem anderenRechtsboden als Grillparzer. Wir glauben nicht mehr an un-erschütterliche Rechte; kein Recht und kein Gesetz, denkt man heute,sei so göttlich, daß es nicht einmal durch Notwehr verletzt, vielleichtsagen wir aber auch: ergänzt werden dürfte. Aber das war Grill-parzers Auffassung nicht; für ihn giebt es kein Recht der Revolution,der Selbsthilfe, der Notwehr. „Die Bräuche soll man ehren, siesind gut."
Er will gebunden sein. Und seinen Heros der Gesetzestreuewirft er in einen wahren Paroxysmus der Selbstüberwindung. Ermuß uoch selbst den Prinzen retten! er muß sich zum Schluß alsausreichende Belohnung ausbitten, daß er dem Kind des Königsknieend die Hand küssen kann! Ich kann mir nicht helfen — wirnennen das heute servil. Sicherlich, Grillparzer selbst ist nie inseinem Leben servil gewesen. Er spricht in seinen Eingaben frei-mütig, in seinen Epigrammen (die er zwar verschlossen hielt) kühn;er giebt auch in diesem Drama den Fürsten gute Lehren. AberBancban ist nicht Grillparzer ; Bancban ist ein Ideal Grillparzers,das wir so wenig würdigen können, wie die Lottergenies, die mancheromantische, Poeten als ihre Ideale zeichneten. Wir sagen unsdoch: in dem alten, kleinen, dürren Männchen ist alles aus-gestorben, außer der eingewöhnten Unterwürfigkeit. Er liebt seineGattin, sicherlich; aber er thut auch das mit Selbstbeherrschung.Er läßt sich verhöhnen, läßt sein Weib aus lauter Loyalität un-beschützt, und wirft alles, was noch in ihm lebt, in die Askeseäußerster Selbstvernichtung.
Uns, die wir denn doch das Recht moderner Empfindung sogut haben wie der Dichter das der seinen, bleibt das Stück fremdwie ein Thesenftück voller Paradoxie, so wahr auch die Charakteregezeichnet sind, so sicher auch die Intrigue entworfen ist. Und für