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Der Kaiser, der dem Dichter schon als einen Mitverehrer desspanischen Meisters Lope sympathisch war, wird von aller Weltwegen seiner Unthätigkeit gescholten; je nun, lautet Grillparzers Gegenrede, was ist denn bei der Geschäftigkeit der anderen so vielherausgekommen? Da ist Mathias, immer in Plänen schwimmend,auf dem Schlachtfeld seiner Niederlage immer von Triumphenträumend; er geht das Volk um seine Liebe an, zeigt sich — wieder als Modell benutzte Erzherzog Johann , der Reichsverweser von1848 — in Volkstracht, und das Ende ist Jasons:
Gekostet hab' ich, was mir herrlich schien,Und das Gebein ist mir darob vertrocknet;Entschwunden jene Träume künftger Zeiten,Machtlos wie du, wauk' ich der Grube zu.
Da ist Ferdinand, der freilich erreicht, was er will — blutigeVerheerung des Landes zu Gunsten der Glaubenseinheit. Und derHauptintrigant, Klesel, dieser vielgeschästige politische Leon, immerin der Mitte, immer mit neuen Anschlägen — da er alle Fädenin der Hand zu haben glaubt, sind es eiserne Ketten, die ihnbinden. Und das Gesamtergebnis dieser Rührigkeit? Der Kriegvon dreißig Jahren, der mit einer ein wenig komisch wirkendenBestimmtheit angetMdigt wird.
Grillparzers Freude an seiner Kenntnis des Hauses Habsburgthat sich hier gütlich. Neben Rudolf und Mathias steht der dicke,gutmütig-vergnügte Deutschmeister Maximilian, neben Ferdinandsein Bruder Leopold, der allerdings nicht ganz „herausgekommen" ist.
Nicht sein schönstes Werk — das bleibt Wohl „Hero" —, aberneben „Libussa" das großartigste ist „die Jüdin von Toledo ",1824 begonnen, 1837 vollendet. Auch hier traf Grillparzer , wie bei„Ottokar", mit Lope de Vega zusammen. Die politischen Verhält-nisse Österreichs fügten zn dem von den Romantikern erwecktenInteresse an Calderon und Lope noch eine alte Tradition hinzu.Grillparzer ist ein großer Bewunderer des spanischen „Phönix"gewesen; fast alle seine Dramen las er und besprach sie auf demNotizblatt. Nach dem Frühstück pflegte er erst ein antikes, dannein spanisches Stück zu leseu. Dennoch hat er in seiner Art wenig,in seiner Technik nichts von ihnen angenommen — der beste Beweisfür Gustav Freytags Satz, die französischen und spanischen Klassikerseien für unsere Bühne ohne lebendige Bedeutung. Die „Jüdin" istdurch und durch eine psychologische Charaktertragvdie; von den