Beredsamkeit.
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Da wird ein kräftig-wirksames Gebrauchen von Symbolen üblich;Beckerath wird berühmt durch die melodische Wendung: „MeineWiege stand am Webstuhl meines Vaters"; Vincke spricht von derPflugschar, mit der seine Vorfahren den Acker des Rechts gepflügt,Bismarck von dem „roten Unterfutter des Nuionsmantels". Dalerut man, durch einen kräftigen Schluß die Gesamtwirkung derRede zusammenfassen; da lernt man, durch Aufgreifen von Wortendes Gegners (wie besonders Vincke es versteht) seine Rede vernichten.Für all dies geschahen jetzt nur die ersten Schritte; die Welckerund Rotteck fingen nur eben an, die Sprache des Katheders einwenig der Rednerbühne anzupassen. Aber die Entwickelung warrasch und kräftig, und bald spiegelt sich in den Schriften des JuugeuDeutschlands der oratorische Fortschritt deutlich genug. Und dieakademische Beredsamkeit verjüngte sich an dem Beispiel der neuenRedner, um so mehr, als in der Panlskirche wie im Berliner Ab-geordnetenhaus die Professoren so stark und glänzend vertretenwaren; was den mächtig ergreifenden Stil der Mommsen, Treitschke ,Haeckel von dem kalt gelassenen der Niebuhr, Ranke, Lotze unter-scheidet, das ist die Annäherung an den Ton der Überredung, andas Feuer der Debatte, an die Polemik des Parlaments.
Anch die neu erstarkende bildende Kunst blieb nicht ohneEinfluß. In München legte König Lndwig seit seiner Thron-besteigung (1825) mit großartigem Sinn den Grnnd für die erstewahre Künstlerstadt Deutschlands; in Berlin erhoben sich das Schau-spielhaus, die Schloßbrücke, das Mnsenm, — Werke, in denen Schinkel seine klassischen Ideale dem praktischen Bedürfnisse der Zeit genialanzupassen suchte. Freilich wiederholt sich auch hier, wie überallin diesem Zeitraum, der traurige Eindruck hoffnungslos getrennterWelten. Herrliche Bauten von Klenze stehen in München in der Mittefast bäurischer Straßen; Schinkels klassische „Nene Wache" beziehenSoldaten in ebenso geschmackloser als unpraktischer Uniform zurWachtparade. Auf der Bühne steht Ludwig Devrieut, und imZuschauerraum machen kleinliche Kritiker Notizen für das fade Ge-schwätz der Abendzeitungen.
Die vorige Epoche hatte sich gegen das Andringen der All-tagswelt gern in geschlossene Gesellschaften vereinigt, innerhalb dererein wahrer Kultus der Poesie getrieben ward. Jetzt kennzeichnetdie jungen Dichter nichts mehr als ihre Isolierung. Heine wirdweltberühmt, Platen und Jmmermann haben treue Freunde —
Mcyer, Litteratur, 7