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das keine verfallenen Schlösser kennt und keine Vasalte, wie schonGoethe gerufen hatte; mächtig, wild, eigenwillig wie der ungeheureUrwald, in dem jeder Baum eine riesige Einzelpersönlichkeit ist,frei von der beengenden Moral der alten Welt, „Übermenschen"in jedem Zug. Er schwelgt in diesem Anblick, er begeistert sich ander zügellosen Kraft der Menschen, wie sein Auge trnnken auf derungebändigten Fülle der Vegetation richt. Er kostet ihnen mitwahrer Wollust die stärksten Empfindungen nach: Haß, Wnt, Ehr-geiz, Fanatismus, wie das Alltagsleben Europas (wir reden hierimmer nur aus seinem Sinn herans) sie gar nicht mehr kennt.Und die Intensität seines Nachfühlens setzt sich in volle Kraft derNachschilderung um. Keinerlei Bedenken ästhetischer oder moralischerNatnr hemmt seine treue Wiedergabe. In einer Zeit, in der mauin der schönen Litteratur vom Essen noch kaum zu sprechen wagte,schildert Sealsfield den verzehrenden Huuger und die Gier des erstenBissens mit einer realistischen Kraft, die erst in unseren Tagen derNorweger Knut Hamsun wieder erreicht hat — wie Sealssield auseigener Erfahrung heraus.
Aber diese starken Empfindungen erschöpfen sich bei ihm nicht,weil sie immer neuen Nährboden ans der Anschauung der Indivi-dualitäten schöpfen. „Nationale Charakteristiken" nannte er seinbestes Werk, das „Kajütenbuch" ^1841) mit dem Nebentitel. Inder Erfassung nationaler Eigenart hat er Epoche gemacht. Jahr-hundertc lang hatte die ethnographische Charakteristik sich ans einpaar stehende Züge beschränkt, den Franzosen eitel und geistreich,den Spanier stolz nnd beschränkt geschildert; er erst tauchte in dieganze Tiefe nationaler Eigenheiten ein, wie sie sich in Wort uud Geste,in Haltung und Tracht verrät; kein unechter Ton stört je dasLokalkolorit. Dabei bleibt er selbst immer — er selbst: eine leiden-schaftliche Natur, die hingerissen uns hinreißt, voll Bewunderungfür die Stärke, für die; werdende Welt, atemlos erzählend, weil erso viel zu erzählen hat.
Von den vielen Schülern dieses großen Talents nennen wirhier nur den bekanntesten: Friedrich Gerstäcker, (1816—1872).Auch er hat sich — seit 1837 — iu Amerika iu mannigfachenLebensstellungen versucht; auch er hat in der Wiedergabe von Landund Leuten eine rasche Produktivität entfaltet; anch ihm darf mannachrühmen, daß er mehr Wahrheit giebt als vor ihm Chatean-briands geziert - schönfärberische Jndianerroincmzen und neben