si.ul Tpindlt!v. — Karl v. Holtei . 111
von dem „Viedermeierischen" der Epoche, in der sie entstanden, etwasbreit Ausmalendes, behaglich Moralisierendes; sie sind am Ofen inder Stube zu lesen', nicht wie Goethes Romane auf dem grünenRasen, nicht wie Storms Novellen im Garten in der Mondschein-nacht. Man fühlt fast stets den Abstand, der den philiströsenAutor von den wagelustigen Helden Smidts, den Aristokratinnender Paalzow, den Abenteurern van der Veldes trennt; aber derVerfasser ist so gutherzig, und die Geschichte rollt sich so glatt ab,daß wir über alle Stillosigkeiten weghören. Es ist die goldene Zeitder „Schmöker"; aber aus diesen „Leihbibliotheksromanen", andenen sich die Frauen und Töchter heiß lasen — man denke andie Schilderung der sich in die Armut hineinlesenden Familie inG. Kellers „Grünem Heinrich"! — erwuchsen doch Schöpfungen wiedie des Jeremias Gotthelf und die von Willibald Alexis die groß-artigsten Dorfgeschichten und die bedeutendsten historischen Romaneunserer Litteratur!
Die dankbaren Zeitgenossen übertrieben wohl auch ihren Dank,zumal wenn Landsmannschaft oder persönliche Schicksale ihnen denErzähler wert machten. Das gilt von Karl v. Holtet, dem Schlesier,und W. Hauff , dem Schwaben. Karl v. Holtet (1798—1880)hat ein abenteuerliches Leben geführt und das Schicksal der fahren-den Leute selbst kennen gelernt, das sein Roman „Die Vagabunden"(1851) so anschaulich schildert, wie seine Autobiographie „VierzigJahre" (1843—1850) von den eigenen Erlebnissen erzählt. Die Be-liebtheit erst seiner Liederspiele („Der alte Feldherr" 1829, „DieWiener in Berlin" und „Die Berliner in Wien " 1825—1826) mitihren unendlich volkstümlichen Liedern („Denkst du daran, meintapferer Lagieuka", „Fordere niemand mein Schicksal zn hören",„Schier dreißig Jahre bist du alt"), dann seiner schlesischen Ro-mane („Christian Lammfell" 1853, „Die Eselsfresser" 1860) machteden schönen Greis mit dem prachtvollen wallenden Barte, denweißen Locken, dem malerischen Schlapphut und dem kühnen Falten-wurf des Mantels zuletzt fast zu einem Klassiker, dessen achtzigstenGeburtstag gauz Deutschland mitfeierte. — Und was für ihn dasGreisenalter that, das vollbrachte für Wilhelm Hauff (1802—1827) der frühe Tod. Der schlanke Jüngling mit dem feinen Kopfvoll blonder, gelockter Haare ward selbst für L. Uhland eine ArtGegenstück zu Th. Körner , ein auf dem Schlachtfeld der Poesiegefallener Held. Wir können auch das nicht ohne Widerspruch gelten