daneben Biographen und Kritiker von seltenstem Verdienst. Fürdie Lebensgeschichte hat Ad. Strodtmann mit großem Fleiß dieGrundlage ausgebaut, dcmu hat sich besonders H. Hüffer, demwir auch für Annette das Beste verdanken, große Verdienste umsie erworben. Um die Dentung und Würdigung der Gedichte undder Eigenart des Dichters hat Ernst Elster in seiner vortrefflichenAusgabe sich verdient gemacht, weiter sind namentlich G. Brandes,W. Bölsche, K. Hesse! und der Franzose Legras zu nennen. Durchdie Arbeiten dieser Männer beginnt mehr und mehr ein wirklichesVerständnis an die Stelle phrasenhaster Urteile zu treten. Nur zulange hat man es sich beqnem gemacht und mit einem Schlagwortalles abthun wollen. Ganz ist das noch nicht überwunden.
Heines Stärke liegt in der Empfindung. Das mag Paradoxklingen, wenn man an den auflösenden Spott, an den kalten Hohndes Dichters denkt; es bleibt deshalb doch wahr. „Das Lied Heines",sagt Legras, „ist eine Nuance von Empfindung, eine Nuance vonGedanken". Diese Feiufühligkeit, die jede Empfindung und jedenGedanken noch weiter analysiert, ist auf geistigem Gebiet das Gegen-stück zu Annettens unerhörter Feinhörigkeit für jeden Bestandteileines scheinbar einheitlichen Geräusches. Gröbere Organe fassen hierwie da nur einen Gesamteindruck: diese wunderbar geschärften Sinnezerlegen ihn in die Stücke seines Nach- oder Nebeneinander?'. Dieserfast krankhaften Schärfe entspricht freilich auch bei Heine eineSchwäche: ein Unvermögen, größere Flächen zu überblicken, mächtigeEinheiten zu würdigen. Trotz allen Deduktionen Bölsches ist Heinenie ein Philosoph gewesen, weil er immer nur Einzelheiten gesehen hat.Aber die sah er mit größter Schärfe. Der Blick, der eben nochträumerisch auf der Gewalt des Meeres geruht hat, muß den be-teerten Schiffsjungen, der einen Hering gestohlen hat, oder dasFischlein, das mit dem Schwänzchen plätschert und dann von derMöve gefressen wird, unfehlbar wahrnehmen, sobald sie in seinGesichtsfeld kommen. Nun aber ist das Leben so gestaltet, daß, wo-hin wir auch immer blicken mögen auf das erhabene Meer, immerbald uns solch ein Schiffsjunge oder solch ein Fischlein vor dieAugen kommen wird. Wen ein starker Eindruck beherrscht, der wirddessen kaum gewahr; aber Heines Empfindung wird sofort erregt,und er giebt sie wieder, wie Jeremias Gotthelf den Schmntz aufden Stiefeln feiner majestätischen Großbauern abmalt. So ent-steht das berüchtigte „kalte Sturzbad", das so oft Heines wärmste