HcincS Weltanschauung,
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Amen" (1843). Der Unterschied ist eben der, daß Feuerbach fürdas Recht aller ans alles kämpft, Heine nur an seine eigenenAnsprüche auf alles denkt. Er täuschte sich oft selbst darüber, hieltsich für einen Vorkämpfer der socialen Emanzipation, für einenPropheten der Zeit, in der ein Regen von Citronensaft die auf denStraßensteinen wachsenden Austern beziehen sollte. Aber seineGrundstimmung blieb doch immer die, daß er nur selbst begehrte,was „Caviar fürs Volk" wäre.
Heine fühlt sich als „Hellene", weil er den Augenblick kennt,ehrt, verewigt; er sieht alle als Nazarener an, denen der Augen-blick nichts gilt neben der Ewigkeit. So ist er der Vater desneueren Realismus und Impressionismus geworden, der Moment-Photographie unserer Skizzenzeichner, der Stimmungsucherei. Aberhellenisch war daran doch nichts als das Grundelement der Wirk-lichkeitsfreude.
Er genoß sie eifrig und in allen Formen, in Hamburg , amSeestrande aus Norderney (182S—1826), in England (1827), inMünchen als wenig arbeitender Journalist, endlich seit 1831 inParis . Daß er sich dort so sehr wie Börne in seinem Element fühlte,hatte freilich ganz andere Ursachen als bei dem Politiker. Börnefesselte das politische, ihn das gesellschaftliche Leben. Die Kunstder Franzosen , im Moment zu leben, die Situation auszunutzen,die Eleganz der Umgangsformen, die Hochschätzung der Knust wareuebenso viel Magneten für seine Seele; war doch der Rheinländerschon durch die Art seiner Heimat den Franzosen verwandt. Aberdie Verpflanzung gedieh ihm fo wenig wie Platen das ersehnteExil zum Segen. Er geriet immer tiefer in Manier und in Un-wahrheit. Die subjektive Wahrheit seiner ersten Produktionen fehltnur zu viel späteren. Erst die furchtbaren Leiden seiner letztenKrankheit brachten wieder einen neuen, erschütternden Klang vollerWahrheit in seine Poesie. Er war von dem Leben seiner Heimatabgeschnitten uud trotz allen ihn umgebenden Höflichkeiten isoliertauch in Paris; die Verbindung mit einer nichtigen Pariser Grisettestumpfte seine moralischen Ansprüche immer noch weiter ab; dasdurch Wolfgang Menzels klägliche Denuuziatiou bewirkte Verbotseiucr Schriften dnrch den Bundesrat (1835) legte ihm die Pflichtauf, den Märtyrer zu spielen, während er sich unter den Pensionenvon der Familie und der französischen Negierung nicht übel befaud.Ehrlich war er zuletzt nur noch, wo er haßte. Aber auch wo er