„Reiscbildcr".
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haben, für ihre Kunst zn lernen. Das Volkslied und WilhelmMüller trafen wir schon unter feinen Vorbildern; Romantiker wieA. W. Schlegel und Brentano , volksmäßige Sänger wie Hölty,Klassiker wie Goethe stehen daneben. Aber Heine benutzt dieseMuster so individuell wie das traditionelle Traumbild. Völschehat es sehr fein hervorgehoben, wie er in die von Goethe und No-valis übernommenen „freien Rhythmen" ein ganz neues Prinziphereinträgt: den Gegensatz zu der herkömmlichen metrischen Sym-metrie^ er hat ausgeführt, wie des Dichters genialer Versuch, dieGleichmäßigkeit der Abstünde durch ein seines Abwägen der musi-kalischen Aecente zu ersetzen, der Bewegung vorspielt, die jetzt inder Malerei lebendig ist, wo der Amerikaner Whistler nnd andereSchüler des „Japonismus" die Symmetrie durch „Proportiona-lität", durch ein malerisches Ausgleichen der Asymmetrie zu er-setzen streben.
Der zweite Teil der Reisebilder (1827) bringt besonders das„Buch Le Grand", der dritte (1830) die „Reise von München nachGenua" und die „Bäder von Lucca"; als Nachträge erschienen dannnoch (1831) die „Englischen Fragmente". Diese gehören der Artnach mit den Berichten an die „Allgemeine Zeituug" zusammen,die als „Französische Zustände" (1833) und „Lutetia" (1854) inBuchausgabe erschienen. Es sind politische, künstlerische, socialeStimmungsbilder, die besser geordnet sind als Börnes Briefe ausParis ; aber die belebende Kraft seiner leidenschaftlichen Teilnahmekann Heines Technik nicht ersetzen. Das „Buch Le Grand" ist eingeistreicher Versuch, in der Art der Romantik „mit Worten Musikzu machen", ein Trommelwirbel zu Ehren Napoleons, den Heinevon der Figur eines rührend tragikomischen Veteranen schlagenund durch den er sich zu allerlei Einfällen anregen läßt. Die„Bäder von Lncca" samt ihrer Fortsetzung, der „Stadt Lucca",bilden deu Übergang von der phantastischen autobiographischen No-velle der „Harzreise" zu den satirischen Zeitgedichten wie „AttaTroll ". Den Grnndton bildet in den „Bädern" die höchst unan-ständige, moralisch und litterarisch gleich unwürdige VerunglimpfungPlatens, iu der „Stadt Lucca" die Vergleichung der christlichenHanptkirchen. — Witzig sind die „Bäder von Lucca" gewiß, unddie Betrachtungen in der „Stadt Lncca" sind mehr als das, siesind wirklich geistreich. Aber die widerliche Atmosphäre des Ganzenläßt hier wie in den fragmentarischen antobiographischen „Memoiren