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1820-1830,
von einem Humoristen seiner Nation sagt, als seien das vor-bestimmte Harmonien, bei der Sprachschöpfnng bereits beabsichtigtund nuu endlich gelungen!
Von dieser wunderbaren Begabung des neuen Reims gebendie „vcrsificierten Reisebilder" die genialsten Proben. Heine selbsthat den „Atta Troll " so benannt, und es ist kein Zufall, daßdies Meisterstück seiner satirisch-romantischen Poesie gerade Freilig-rath und die beständige „Janitscharenmufik" seiuer grellen Reimeverspottet. Heine sah in dem Bestreben Freiligraths, durch gesuchte,auffallende, bunte Reimworte seine Gedichte aufzuputzen, eine hand-werksmäßige Übertreibung eigener Tendenzen.
Der „Tannhäuser" (1836) ist das erste Stück dieser Reihe:es ist eine der genialsten und bezeichnendsten Schöpfungen Heines .Das herrliche alte Volkslied, dem L. Tiecks Erneuerung nichts vonseinem Zauber hatte abgewiuueu könuen, wird psychologisch vertieftund verjüngt. Ein wunderbarer Vers giebt das Leitmotiv ab, dasdann Richard Wagner in seiner durch Heines Dichtnng veranlaßtenOper, das Heines begabtester Schüler Grisebach nnd viele Späterennicht müde wnrden zu variieren:
Frau Venus, meine schöne Fran,Von süßem Wein und KüssenIst meine Seele geworden krank:Ich schmachte nach Bitternissen.
Man wird in diesen tiefsinnigen Worten auch ein Selbstbe-kenntnis zu erblicken haben. Der Hohn, den Heine so oft ausstreute,war oft genug ein psychologisches Bedürfnis seiner eigenen, vonsüßem Wein kranken Seele. Man muß sich hüten, den Spöttergleich für einen bösen Menschen zu halteu. Das ist Heine nie gewesen.„Es giebt Herzen", sagt er einmal, „worin Scherz und Ernst,Böses und Heiliges, Glut und Kälte sich so abenteuerlich verbinden,daß es schwer wird, darüber zu urteilen." Ein solches Herz truger selbst. Die Aeceute, in denen er Tannhäusers Reue und dieLiebe der Frau Venus schildert, sind echt und wahr, uud in seinenErneuerungen des alten Liedes liegt eine so tiefe und umfassendeKenntnis des menschlichen Herzens, wie sie kein einziger unter allseinen Zeitgenossen besaß, anch Annette von Droste nicht. Undan diese beiden Gesänge treibt es ihn nun ein ironisches Schluß-stück zu hängen, eine satirische Wanderung durch Deutschland , daslitterarische und gelehrte zumal. So hatte einst Lessing Goethen