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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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Zcitgedichte.

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gerate», an denWerther" ein recht cynisches Kapitelchen zurReinigung der Leidenschaften anzuhängen. Bald aber wird diessatirische Stück die Hauptsache. Seit 1840 entsteht eine ganzeSchar glänzender Zeitgedichte, alle politischen oder litterarischenInhalts, alle gegen Dilettanten gerichtet oder gegen kunstverderb-liche Virtuosen: Dilettanten im Regieren und Knnstprotegierenwie Friedrich Wilhelm IV. und Ludwig von Bayern, in der Politikwie Herwegh , in der Poesie wie die Schwabendichter; kunstverderb-liche Virtuosen wie Meyerbeer . Ob sein Urteil überall zutraf, istdie Frage nicht: daß er überall ehrlich für seine Ideale strengerKnnst und ernster Technik eintrat, ist nicht zu bestreikn. Da ge-langen denn dem Mann, der jeder Zoll ein Künstler war, in dieserGlanzepoche des Dilettantismus satirische Kabinettstücke wie dieAndienz" nnd dasTestament ".

Es entstand dann auch der?ttta Troll" (1842, erschienen1847). Er ist ein lebendiger Protest gegen die Teudenzpoesie sovieler guter Leute und schlechter Musikanten. Mit Recht durfteHeiue das Gedicht dasletzte freie Waldlied der Romantik" nennen.Das Durcheinandergehen rein und zart gezeichneter Landschasts-bilder das Dörfchen mit den spielenden Kindern und wilderMärchengestalten die wilde Jagd mit der prachtvollen Fignr derHerodias !, die unheimliche spanische Kirke Urata neben dengrotesken Bäreutäuzen, ja, damit hat er wirtlich gegeben, was dieRomantiker so oft mir erstrebten:

Klang das nicht wie Jugcudträume,

Die ich tränmte mit Chamisso,

Mit Brentano und Fouau6

In den Klanen Mondscheinnnchten?

Ist das nicht das fromme LäutenDer Verlornen Waldknpelle?Klingelt schalkhaft nicht dazwischenDie bekannte Schellenkappe? . . .

Ja, mein Frennd, es sind die KlängeAns der längst verschollnen Traumzeit;Nur daß oft moderne TrillerGaukeln durch den alten Grundton.

Nie hat ein Dichter seil? eigenes Werk zutreffender charak-terisiert.

Wie die unbeschreibliche Gefügigkeit des Rhythmus den reimlos-mnsikalischen Strophen desAtta Troll", so giebt die Reimgewandt-