Print 
Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Place and Date of Creation
Page
162
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 
  

162

18301840,

Er wird Advokat, Militärauditeur, verheiratet sich. In seinerBegier, den Kleinstädtern durch Genialität zu imponieren, ändertdas nichts. Schließlich muß er pensioniert werden, was in mil-dester Form geschieht. Er geht zu Jmmermann nach Düsseldorf (1829) und findet an ihm einen treuen Berater und Helfer; dasticht es ihn, den Freund hinterrücks wegen seiner Vornehmthuereizu verspotten. Wie ein aufgegebener Kranker kehrt er heim undstirbt iu den elendesten Verhältnissen.

Nicht daß Grabbe wirkliche Genialität besaß, war sein Ver-hängnis, sondern daß sie nicht ausreichte. Mit gesuchter Groß-thuerei gab er sich in seiner ersten Periode aus, der noch dasFragmentMarius und Sulla " (1824) angehört, nnd vor allemdie TragödieDon Juan und Faust" (1824). Es war so rechtein Grabbescher Gedanke, alle Don Juans und alle Fauste einsachdurch Kombination beider Gestalten zu überbieten. Dabei ist keinevon beiden zu ihrem Recht gekommen. Dazu ein Netz zweckloserErfindungen, wie es auch Lenau in die gleichen Fabeln getragenhat, Nachahmung von Byrons Manfred, tönende Phrasen.

Nasch macht der Dichter dann eine zweite Periode durch: dieder HohenstanfentragödienBarbarossa" (1829) undHeinrich VI. "(1829). Sie haben so wenig wie die seines Freundes Jmmermannoder gar Raupachs dramatisierte Vorlesungen dauernde Bedeu-tung. Aber sie erzogen den Dichter zu eiuer strengeren Knnstsorm.Er macht Studien über historisches und Lokalkolorit, die er beiMarius und Sulla " noch nicht (so weuig wie eine Einheit desStils) nötig gefunden hatte.

Und so kommt er zu den wenigen Versuchen seiner drittenund letzten Periode. Es sind die realistischen SchlachtendrainenNapoleon oder die hundert Tage ",Hannibal,"die Hermanns-schlacht". Es kann wohl kein Zweifel sein, daß Grabbes dauerndeBedeutung lediglich in diesen genialen Skizzen liegt. Von hierführt ein Weg überDantons Tod" von Georg Büchner zuGerhnrt HauptmannsFlorian Geyer " und weiterhin in die Zukunftzu dem realistischen Historiendrama einer neuen Zeit.

Das Geschichtsdrama früherer Epochen hatte dieidealenMomente" völlig aus dem Zusammenhang mit dem gewöhnlichenLeben herausgelöst. Wie nach dem griechischen Mythus die JuselDelos aus den Fluten neu hervorgehoben wurde, damit auf ihrLeto deu Apollo gebäreu könne, so spielen sich die historischen Dramen