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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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195
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Pocci und Aurbacher, 195

diskutiert in ihren Romanen die Eigenschaften der verschiedenenchristlichen Kirchen Aurbacher giebt ältere katholische Gesängeund Dichtungen des Angelus Silesius heraus. Eine Erneuerungalter Volkspoesie, wenn auch der Form uach prosaisch, bringt auchsein vortrefflichesVolksbüchlein" (1826), durch das die Abenteuerder sieben Schwaben und die Geschichte des ewigen Juden vonneuem volkstümlich werden. Jener Verweisung der A. W. Schlegel,Tieck, Justinus Kerner auf die altenVolksbücher" ward mit diesen inAuffassung und Darstellung gleich musterhaften Verjüngungen alterVolksanekdoten endlich Genüge gethan.

Deutlicher noch als zwischen der Gräfin Hahn und Pocei oderAurbacher kommt der Gegensatz unpolitisch-zeitlosen Ideals nndpolitischer, dem Moment geltender Tendenzen in einem Ehepaarzur Geltung, das für diese Epoche typische Bedeutung hat. Heinrich und Charlotte Stieglitz das ist gleichsam die Ehe des ab-straktenPoeten", wie ihn sich die Zeit vorstellte, mit derbedeu-tenden Frau", wie sie sie malte. Es ist eine Vermählung der(freilich altersschwach und matt gewordenen) Nomantik mit demJungen Deutschland . Und bezeichnend ist es wieder, wie viel be-deutender die Frau ist.

Heinrich Stieglitz (18011849) hatte das Unglück, äußer-lich ganz dem romantischen Künstlerideal zu entsprechen: mit seinendunkeln feurigen Äugen und schwarzen Locken kam er seiner ver-liebten Braut wie ein rechterNüuberhauptmanu" vor, und seineNerven, ein beständiges Schaukeln von großen Vorsätzen zu tiefsterDepression, Ekel vor aller regelmäßigen Arbeit, naivster Egoismusuud unbedingte Rücksichtslosigkeit das waren auch für seineFreunde ebenso viele Beweise vollgültiger dichterischer Anlage. Siewären es auch heute in gewissen Litteratenkreisen. Charlotte undmehr noch die Freunde vom Jungen Deutschland , Th. Mundt vorallen, waren noch in der Vorstellung des nervösen Unglückspoetenbefangen, deren Wandlungen von Brentano zu Grabbe wir verfolgthaben: Kopsschmerzen bewiesen mehr dichterische Begabung als eingelungenes Gedicht, blitzende Augen mehr als ernste Selbstkritik,und derKainsstempel" war die allerunanfechtbarste Beglaubigung.

Stieglitz war einer von den vielen Philologen, die an RückertsBeispiel litten. Eine Polyglotte Geschäftigkeit führte zuBilderndes Orients" (13311833), leblosen bunten Bilderchen aus Arabien und Persien und China, lässig in der Form, charakterlos im Inhalt.

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