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1830-1840,
Dienste thun gegen die Verweichlichung des Empfindungslebens,gegen den Kultus der eigenen Schwächen, gegen die billige Hypo-chondrie mancher Modernsten.
Auf dem Fuße folgt ihm ein Dichter, der der Hypochondrieauf politischem Boden so tapfer den Krieg erklärte, wie Feuchters-leben der des Einzelnen. Darin beruht die Bedeutung des ritter-lichen Freiheitsdichters. Anastasius Grün ist der Übergang von derunpolitischen Dichtung zu deu neuen Freiheitsängern.
Anton Alexander Graf v. Auersperg (1806—1876) ge-hört einem der vornehmsten Adelsgeschlechter Österreichs an unddemjenigen, das im Gegensatze zu deu allzeit feudalen Schwarzen-berg nnd den immer romantischen Liechtenstein den liberaleren Geistdes aufgeklärte» Adels vertrat. Ein Vorfahr hatte in der Zeitder Gegenreformation die Protestanten in Krain beschützt, ein andererwar in der klassischen Zeit schon als Dichter aufgetreten. Tradi-tionell war aber die Kampfeslust dieses Geschlechts von Türken-besiegern, die neben den Starhemberg und Khevenhüller den Schwcrt-adel vertraten gegenüber dem eleganten Hosadel der Dietrichsteinund Metternich. Anastasius Grün war ein würdiger Sohn diesesHauses; ist er als Dichter nicht neben Heinrich v. Kleist zu stellen— als Persönlichkeit repräsentiert er den österreichischen Adel soglänzend wie dieser den preußischen. Denn eine wirkliche Persön-lichkeit ist er gewesen. Blieb er der Prosa, dem starken KampseS-organ der Zeit, ganz fremd, uud haben seine Gedichte wie seineReime immer etwas Weiches, ja Weichliches — es barg sich darunterdoch ein starker Charakter. Das sind seine Lieblinge, die weichesGefühl und derbe Faust vereinigen: Kaiser Max uud sein Fürsten-berger, Nithart im „Pfaff vom Kahlenberg"; uud so hat er auchselbst für seinen Grabstein die Anerkennung gefordert, daß er Feindebesaß und besitzen wollte. Schildert er eine Schlacht, so erscheintfein „Malplaauet" (im „Prinz Eugen ") neben Scherenbergs „Lenthen"und „Waterloo" freilich blaß wie ein Adrian van der Werff nebeneinem Rubens, wie Fürst Schwarzenberg, der Sieger von Leipzig ,neben Blücher; aber trat er selbst in den Kamps, so stellte sichseine berühmte Rede gegen das Konkordat zu den Großthaten Parla-mentarischer Beredsamkeit. War er ein Aristokrat im vornehmstenSinne des Wortes, verbindlich in seinen Umgangsformen, lässig inseiner dichterischen Arbeit, etwas zu elegant in der Formgebung, sowar er doch ein Volksmann in der edelsten Bedeutung in seinem