AnastasinS Grün.
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ganzen Fühlen nnd Wirken. Und eine siegreiche Selbstcrziehuugoffenbart sich auch in seinen Werken. Der Graf hatte (1830)„Blatter der Liebe" veröffentlicht, gefällige Dilettantenarbeit, in dieallerlei Schmuck an Bildern, Vergleichen, Pointen, Spielereien ein-gestickt war. Grillparzer durfte sagen, was gemildert freilich fort-dauernde Geltung behielt: zu bildern verstehe Auersperg, zu bildennicht. Da folgte, noch im gleichen Jahr, der Romanzenkranz vomKaiser Max „Der letzte Ritter". Gestaltungskraft bewies der Dichterauch hier nicht, aber es zeigte sich doch das Streben, zu größereuBilderu zu gelangen, eine lebensfrohe und thatkräftige Zeit derunsern zum Spiegelbilde vorzuführen. Und Nebenfiguren werde»auch deutlich genug hier gezeichnet, der aufrührerische Schuster etwa:„Er sprach im Rat am lautsten und machte schlechte Schuh". Da-bei ist es freilich bei Anastasius Grün immer geblieben: das Nebenwerkwar ihm immer Hauptsache. Oder, richtiger gesagt, seiner umfassen-den Liebe zu den Dingen gelang es nie, die Nebensache zurück-zuschieben. Nie ist die Freude am Sem weiter getrieben wordenals bei diesem Erzoptimisten, der noch Bettinen darin übertrifft.Man kann auf ihn anwenden, was Feuchtersleben von einem anderenDichter sagt: „Das Gefühl für die Schönheit der Welt war seineeigentliche Muse". Wohin er blickt, da lockt es ihn zu Reim undBild. Die lebensfrohen Regenten Kaiser Max uud Otto vou Öster-reich, die Despotie Metternichs , die Versunkenheit des (damals janoch österreichischen) Venedig — alles möchte er erzählen, nnr nmdie Buchstaben mit sarbigen Ranken und geistreichen Arabesken aus-schmücken zu können wie ein Miniator des Mittelalters. Amliebsten aber bewegt er sich in der hohen freien Luft der Berge.Auch er hat, wie Feuchtersleben, Hypochondrie zu bekämpfen ge-habt; da ist er wie Stifter auf die Berge gestiegen und hat sich(besser als der) kuriert:
Hier ruht mein treuster Geiwss' im Land,Der Hypochonder zubeunnnt:Er starb an frischer BergcSluft,An Lerchenschlag nnd Rvsendnft!
Man hat ihn mit seiner Rosenliebhaberei verspottet; aber erdürfte von den Volksscencn seines „Pfaffen vom Kahlenberg" (1850)sagen, was er dem aus dem Englischen übersetzten Balladencyklus„Robin Hood" (1864) nachrühmt: „Dieses Wald- und Jagdlebenhat nichts gemein mit der weichlichen Knnstblumenpoesie modernster
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