220 1830-1840.
kräftiger in Wirklichkeit umgesetzt, als es ihm in Romanen, Novellen,Dramen gelang, obwohl all seine Dramen eine für seine Zeit ein-zige Theatersicherheit zeigen („Essex" 1856 blieb lange ein Lieb-lingsstück) und obwohl sein großer Roman aus dem dreißigjährigenKriege, „Der deutsche Krieg " (1863—1866), zu kräftigen Geschichts-bildern vordrang. „Für mich ist die Darstellung des Menschenauf der Bühne die Hauptsache. Wahrhaftigkeit ist mir also dieGrundregel." Das wird er nicht müde zu betonen; und das hater auch in der Praxis wahr gemacht. Deshalb legt er in scharfemGegensatz zu dem Singeton der „Weimarischen Schule" das größteGewicht auf deutlichen, klaren Vortrag; deshalb entsetzt er die An-hänger der Goethischen Theaterregeln dnrch bewegte Volksscenen,in denen die Statisten, auf Marc Antons Rednerbühne losstürmend,dem Publikum den Rücken zeigen. Das war seine Art, der Sinn-lichkeit, dem wahren Leben sein Recht gegenüber dem Spiritualis-mus zu wahren. Und wie schon in seiner Auffassung der Dekla-mation die jungdeutsche Neigung zur Prosa hervortritt, so hat ersie auch iu seinem Repertoire nie verleugnet. Er wurde der große,viel gepriesene und neuerdings oft gescholtene Schutzherr des fran-zösischen Sittendramas auf der deutschen Bühne: der (wirkliche oderscheinbare) Realismus der Dumas , Augier, Sardou war ihmein willkommener Gegensatz zu den Jambentragödien. Und vorallem entsprach es jenem unersättlichen Lebensdurst der Zeit,daß sich neben Königen und Helden die Herren im Frack unddie Damen im Neglige auf den Brettern zeigten, die die Weltbedeuten. Uns scheint das jetzt selbstverständlich — für diegroßen Bühnen Deutschlands hat Heinrich Lanbe es durchgesetzt.Ohne ihn wäre die „Wildente" auf dem Burgtheater und „Hannele"auf dem Berliner Schauspielhause nicht möglich gewesen; ohne ihnhätte das deutsche Publikum Künstler wie Sonnenthal und Reicher,die Duse und die Rejane nie in ihren glänzendsten Leistungen ge-sehen. Für den Sieg des Wienbargschen Programms hat Laubeals Theaterdirektor mehr geleistet als alle schriftstellerischen Produk-tionen der Gruppe.
Von Laubes verständiger Nüchternheit, die den Abgeordnetender Paulskirche Haltung, Redeweise, Gesten der gefeierten Rednerkühl wie ein Theaterkritiker beobachten ließ („das erste deutscheParlament" 1849), hebt sich Karl Gutzkows düster-stürmischesTemperament mächtig ab. Gutzkow erinnert darin an Brentano ,