GichkowS Endc, 231
dem Boden des vaterländischen Zeitromans zu einer Schilderungbewegender internationaler Kräfte übergreifen. Die EinwirkungenRoms auf die Deutschen hatte schon Wilhelm Hauff (mit dem Gntzkowpersönlich bekannt wurde) in seinen „Memoiren des Satans" (1827)angefaßt und, in anderer Weise, Gaudy in seinem „Tagebuch eiueswandernden Schneidcrgesellen" (1836); jetzt nach dem neuen Nus-greifen des (1814) erneuerten Jesuitenordens gewann die Frage einfrisches Interesse, und Suc hatte seinen „^mf err-utt" schon großenteilsdem Kampf gegen die Jesuiten gewidmet. Die Umtriebe Roms nahmjetzt Gutzkow zur treibenden Kraft eines Nomangetriebes. „Die No-velle hat ein Sujet nötig", schrieb Gntzkow einmal, „sie ist nur dasSujet, der dreibändige Roman anch noch; aber der neuubäudigebraucht nur einen Mühlbach, damit die Rüder gehen, weiter nichts.Engene Sue hat auch kein eigentliches Erzählungssujet. . ." Dierömischen Umtriebe werden der „Mühlbach" für den zweiten großenRoman Gutzkows.
Seine späteren Romane können sich mit der Bedeutung derbeiden großen Zeitbilder nicht messen. Die äußeren Lebens-bedingungeu hatten sich für ihn verschlechtert und trieben ihn ineine hastige Überproduktion hinein. Als Generalsekretär der Schiller-stiftuug in Weimar (1860—1864) rieb er sich in Konflikten mitdem Präsidenten, dem schneidig-ironischen Weltmann Dingelstedt,auf und vermißte die ihm unentbehrliche Lebensluft größerer Städteallzusehr. Dazu kam die zunehmende Schärfe der Reaktion gegenseinen kritischen Despotismus (die vor allem Julian Schmidt vertrat),und die steigende Macht anderer litterarischer Potenzen. Von Schlaf-losigkeit gepeinigt, machte er (15. Jan. 1865) einen Selbstmordversuch.Die Krisis hatte zunächst günstige Folgen: man sorgte für seine körper-liche Heilung, man brachte, wie man für Freiligrath, Hosfmann vonFallcrsleben, Mosen gesorgt hatte, einen stattlichen Gutzkow -Fondszusammen. Aber die litterarische Kraft war gebrochen. Die maßloseGereiztheit des verdrängten Selbstherrschers machte sich dann noch inder traurigen Streitschrift „Dionysius Longinus" (1878) Luft, in derer vor allein die gewaltige Gestalt des toten Hebbel in die Nachthinabzuzwingen suchte, daneben aber alle jüngeren Kräfte, Mörike ,Freytag, Auerbach, Seite an Seite mit Modeberühmtheiten wieEbers als geringwertige Halbtaleute behandelte. Sein Nervenleidenwuchs und trieb ihn rastlos durch Italien , in kleine Orte beiHeidelberg und Frankfurt , bis schließlich der von einer starken