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1840-18S0.
Tendenzpoesie der Jungdeutschen und man wird den Unterschiedfühlen. Der lebeudige Kontakt mit den Tendenzen des Volkes undder Zeit loste die rein litterarischen, ästhetischen Absichtlichkeiten derexklusiven Litteratenkreise ab.
Eine Zeit wie diese gewinnt das Ansehen eines organisiertenFeldzuges. Man mag von Teleologie und zweckbewußter Anordnungder Generationen noch so wenig halten — in solchen Momentenschafft der Dampfhammer der unabwendbar drängenden Notwendig-keit in rascher Folge die Jahrgänge der Schriftsteller zu ebensovielverschieden gerüsteten Regimentern um. Wie eine Vorhut schicktdie Zeit die Männer voraus, die Fühlung mit dem „gemeinen Volk"suchen und herstellen. Dann, wie Feldherren vor der Front, rückendie stolzen Einsamen an, die Grübler und Schlachtendcnker, diedie nene Kunst und die neue Zeit im Kopf tragen. Auf die Anerbach,Reuter, Hermann Kurz folgt der stolze Jahrgang von 1813: FriedrichHebbel, Otto Ludwig, Richard Wagner, Victor Hehn , Fr. W. Weber,Georg Büchner . Nun kommt das große Heer, die Revolutions-dichter selbst und ihre Kameraden vom Pamphlet: Freiligrath ,Dingelstedt, Prutz, Scherr, Karl Vogt, Karl Beck, Herwegh . DieSchlacht wird geschlagen und verloren. Es scheint wieder einmalvernichtet, was kaum erobert war: die Geburt der Poesie aus demnationalen Leben. Eine Reaktion macht sich geltend, die aber dochauch in der Abwehr der bisherigen Tendenzen die Fühlung mit denTagesfragen nicht ganz aufgeben kann. Nicht nur die Männer derpolitischen Gegenbewegung wie Friedrich Rohmer , Sebastian Bruuner,wie Bismarck selbst, nicht bloß die Verfechter der religiösen wie JuliusSturm, Leberecht Dreves , Maria von Nathusius — selbst die,die aller Tendenz den Rücken kehren und nur der „reinen Form"leben wollen wie Graf Schack und Betty Paoli , selbst sie habenAnteil an der Färbnng der Epoche und gleichsam wider Willen,an der fieberhaften Sehnsucht nach besseren Zeiten. Ernst nndtapfer wendet sich dann eine neue Schar neuem Aufbau zu, Histo-riker zumeist wie Th. Mommsen, G. Freytag , H. v. Sybel undihr malender Genosse Adolf Menzel ; daneben der Philosoph Lotze.Gleichaltrig mit ihnen gründen Dostojewski und Turgenjew inRußland eine nene Litteratur, Nnskin in England eine neueKunst — beides für die Welt, nicht bloß für ihr Vaterland. Undnun zieht in das Feldlager, das jene Tapferen alle erbaut undbefestigt, eine neue Siegerschar ein: die Männer von 1819, Gott -