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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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1340-18S0,

Seinige dazu. So entwickelte sich eine Redelust, die schließlich zurRedseligkeit entartete bei den Figuren wie bei dem Dichterselbst, der seiner Freude an Volksreden und Trinmphen gern dieZügel schießen ließ.

Schon diese freundschaftliche Stellung zu den eigenen Ge-stalten unterscheidet Auerbach von dem Jungen Deutschland , das schonder Jüngling (1836) in offener Fehde angriff. Ihm waren seineBauern und seine Denker Freunde; gerade so gut wie die lebendigenFreunde mußten sie ihm helfen, die großen Fragen zu lösen, die ihnbeunruhigten, mußten mit ihm über Religion und Kunst, überDeutschtum uud Judentum grübeln. Er stand nicht wie die jung-deutschenGeistesjunker" vornehm über seinen Gestalten. Jene warenvor allein Individualisten; er empfand sich allezeit, und mit leb-haftem Glücksgefühl, als einen Teil großer Gemeinschaften. In ihnenzu wirken hieß ihm leben. Deshalb bildete er, wo er auch lebte,den Mittelpunkt geistig angeregter Kreise.

In einer Zeit, in der das litterarische Leben Deutschlands mehr denn jeatomisiert" war und ein Kampf aller gegen alle dieästhetischen wie die menschlichen Lebensbedingungen der Schrift-steller untergrub, war Auerbach der einzige, der nach allen SeitenVerbindungen anknüpfte und unterhielt. Nur in München gabes einen in fröhlicher Gemeinschaft lebenden Dichterkrcis; sonstaber hatten die Otto Ludwig und Gottsried Keller (die beide erentdecken" half), die Fr. Th. Bischer und Friedrich Spielhagen ,die Gustav Freytag und Hermann Kurz vielfältig nur durchAuerbach Beziehungen zn der Schriststellerwelt außerhalb ihresnächsten Bezirkes. Diese Thätigkeit des unermüdlichmenschen-freudigen" Mannes bildet nicht sein geringstes Verdienst. Dennebenso vermittelte er auch zwischen dem Parlament und der Presse,brachte die Höfe von Berlin nnd Karlsruhe mit der Litteraturund das Volk (durch seinen Hebel nachahmenden KalenderDerGevattersmann", 18451848) mit der Bildnng des Tages inBerührung. Drake schickte ihm das Modell der Viktoria von derBerliner Siegessäule:Hier hast dn mein Barfüßele!" nnd Man-rus Jokai übersetzte einen seiner Romane. Man klagte über seineEitelkeit; aber diese kindliche Freude an sich selbst war in denTagen der Gutzkow nnd Wagner fast Bescheidenheit zu nennen.Und er durfte sich seines Lebens freuen, das ihn in raschemAufstieg zum populärsten Antor seines geliebten Volkes machte.