268 1340—1850,
sind selten große Psychologen. Aber als Lyriker und Didaktikerstellt Weber sich zuweilen dem Besten unter jenen Vorfahren gleich:Walther von der Vogelweide .
Mit gleichen Tendenzen, sonst freilich sehr verschieden, schließensich ihm zwei westfälische Epiker an: Josef Pape (geb. 1831) mit künst-lichen Dichtungen voll romantischer Symbolik („Der treue Eckart"1854, „Schneewittchen vom Gral" 1856) und Ludwig Brill (1838—1886) mit der gleichfalls frei erfundenen Fabel seines etwasüberladenen „Singschwans " (1882).
Es ist kein Zufall, daß Brill den berühmten Prediger Ca-pistran in sein Epos gebracht hat: bei den katholischen Dichternnahm der agitatorische Charakter der Zeit von selbst die besondereForm der Volkspredigt an. Predigt und Agitation vereinigen sichin der höchst charakteristischen, hente freilich schon fast vergessenenGestalt Johannes Ronges (1813—1887). Als der BischofArnoldi von Trier (1844) den „heiligen Rock" znr Anbetungausstellte, richtete der schlesische Kaplan an ihn einen ^OffenenBrief " von gewaltigster Wirkung. „Wissen Sie nicht — als Bischofmüssen Sie es wissen —, daß der Stifter der christlichen Religionseinen Jüngern und Nachfolgern uicht seinen Rock, sondern seinenGeist hinterließ? Sein Rock, Bischof Arnoldi von Trier! gehörtseinen Henkern!" Er rief die Gemeindebehörden, die Amtsgenossenauf, Einhalt zu thun, zn protestieren. Seit Luthers Thesen hat keinetheologische Flugschrift so gezündet wie dieser Brief vom 1. Oktober1844. Er führte die Begründung der „deutschkatholischen" Kircheherbei, in der die Anhänger alter josefinisch-katholischer Aufklärungund protestantisch-rationalistischer „Naturreligion" sich zusammen-fanden; rasch und hell schlugen die Flammen auf, um freilich baldauszubrennen. Das war auch Ronges Schicksal. Vielleicht war erin dieser Epoche voll Beredsamkeit der größte Redner; packendeSchlngworte sehlten dem Manne nie, der die beiden Hauptfeindedes deutschen Liberalismus in einen Toast zusammenfaßte: „EiuPereat den Petersburgen an der Newa und an der Tiber !" Aberwas blieb? Zu schaffen verstand der große Agitator nicht, unddie erhoffte Nationalkirche hinterließ nur ein spärliches Netz „freierGemeinden", die sich in fortschreitender Abkehr von der Religionüberboten, ohne zu einer neuen Einheit zu gelangen; Ronge aberstarb nach langem Wanderleben vergessen.