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ihm in Zürich (1850—1858) ein neues Leben aufging, das ihnmit Hcrwegh und Genossen eng zusammenführte, hatte er sich dienaive, oft freilich von nagenden Zweifeln unterbrochene Zuversichtbereits erkämpft, daß die Kunst allein Rettung zu bringen habe.Sein Hoffen ging fast wunderbar in Erfüllung. König Ludwig II. von Bayern ward (1864) der <1sv.8 ex wackina, der seine kühnstenTräume verwirklichen half. In München lebte er nuu, „im sommer-lichen Königreich der Gnade", ganz dem Ausbau seiner Gedanken,bis (1872) in Bayreuth sein Festspielhaus und unter der thätigenMitleistung zahlreicher „Wagner-Vereine" (seit 1876) seine Fest-aufführungeu Wahrheit werden konnten. Keinem deutschen Künstlerwar es in gleich hohem Grade gegönnt, seine Pläne von dem Eiferweitester Kreise getragen, fast ohne Rest erfüllt, weiter wirkend undweiter greifend zu erblicken. Als ein Triumphator ist RichardWagner in einem Prnnkvalast der Renaissance zu Venedig (13. Febr.1883) gestorben.
Auch seinen persönlichen Wünschen war reichstes Genüge ge-schehen. Romantiker war er auch in der excessiven Empfindlichkeitgegen jede Bedrängnis. „Ich bin anders organisiert, Schönheit, Glanzund Licht muß ich haben! Die Welt ist mir schuldig, was ichbrauche! Ich kann nicht leben auf einer elenden Organistenstellewie Ihr Meister Bach." Er hatte Stil; er wollte Einheit in seinLeben und seine Kunft bringen. Durfte er die Kulissen seinesLebens, sein Haus „Wahufried" in Bayreuth , seine Kleidung nichtso gut in das Gesamtkunstwerk einbeziehen, wie bei der AufführungMalerei und Maschinerie über der Schulung von Sängern undOrchester nicht vergessen werden?
Denn hierin zeigt sich seine Eigenheit am stärksten — undzugleich seine Zugehörigkeit zu den führenden Geistern seiner Zeit.Aus der Vereinzelung wollen sie alle zur Vereinheitlichung; vondem Schwelgen in losen Momenten streben sie zu einer großenKomposition. Dies Streben verdichtet sich am klarsten in WagnersKunstlehre.
Auch sie hat eine Grundlage in romantischen Anschauungen.Mit Schlegel und Tieck, mit Arnim und Brentano teilt Wagner die fast abergläubische Verehrung der Volkspoesie. Alle echte Kunstberuht auf der Thätigkeit des ganzen Volkes. Den Künstler kenn-zeichnet innerhalb der Gemeinschaft nur die gesteigerte Kraft desEmpfängnisvermögens; aber der eigentliche Dichter selbst von Shake-