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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Entstehung
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274
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274 18401850.

die Wortwahl mit ihren häufig veralteten oder sprachwidrig neu-gebildeten, zuweilen schwer verständlichen Elementen oft eine störendeScheidewand zwischen dem Dichter und der unbefangenen Aufnahmedes Publikums. Eine übereifrige Jüngerschaft hat gerade hier Ge-heimnisse genialster Inspiration gesucht und gefunden und in derAnalyse der Vokal- und Konsonantenklänge eine Art überroman-tischer Kabbala getrieben. Uns scheint Wagner als Dichter be-wundernswerter, wo er wirklich dem Strom der Sprache folgt,wie in dem hinreißenden Schluß desTristan", oder vor allem inden köstlichenMeistersingern ", die als Ganzes in die kleine, sehrkleine Reihe echter deutscher Lustspiele von dauernder Bedeutung zustellen sind.

In der Wahl der Fabel wandte sich Wagner bewußt vonhistorischen zu mythologischen Stoffen.Rienzi " und andere Motivegehörten noch der Geschichte an; dann aber setzte er in seinemtheoretischen HauptwerkOper und Drama " (1352) auseinander,daß das historische Drama um seinerTreue" willeu nichtig sei.Das einzelne historische Faktum bleibt sür seine Auffassung immeretwas Isoliertes, eine einzelne, ob auch iu sich rhythmisch gegliederteMelodie; von hier will er zu der unendlichen Melodie ewiger Typenaufsteigen, wie sie ihm, national bedingt, im Mythus vorliegen.Eine jede Hauptgestalt seiner Dramen hat er selbst so erklärt: denFliegenden Holländer" (1843) als den mythischen Helden derSehnsucht nach Ruhe,Tannhäuser " (1845) als den von Sehnsuchtnach dem Leben erfüllten Künstler, Hans Sachs in denMeister-singern " (1862) als die letzte Erscheinung des künstlerisch ProduktivenZeitgeistes, ,,Lohengrin "(l847) als den Typus deseigentlich einzigentragischen Stoffes der Gegenwart": des Verlangens nach voller Ver-wirklichung der Liebe, wie sie demÜbermenschen" doch nicht ge-gönnt ist; uud entsprechend Senta und besonders Elsa. In denNibelungendramen uud imParsifal " ersetzen philosophische Mytho-logeme Schopenhauers oder eigenartig umgeformte Gedanken deschristlichen Dogmas die alten Mythen, an deren Stelle sie sich ge-drängt haben; und die philosophische Sprache der Götter undHelden (du siehst, mein Sohn, zum Raum wird hier die Zeit")wirkt kaum weniger anachronistisch als die Spekulationen der vonWagner hart mitgenommenen Nibelungen Hebbels. Überhaupt istaber zu sageu, daß durch diese allzu abstrakte, sublimierte Auf-fassung seine Gestalten durchweg die iudividuelle Lebenswahrheit