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einige Goldkörner: immerhin — für jedes Goldkorn danken wirgern und ehrlich.
Die Münchener Gruppe war doch wesentlich eine Virtuosen-gemeinschaft; darin lag die Gefahr für ihren Nachwuchs. Ernster,
^ strenger, tiefer angelegt hat jene historisch-politische Gruppe, als
deren nicht bedeutendster, aber wirksamster, zuerst berühmter Ver-treter Gustav Freytag erscheint, auch bedeutendere Schüler hervor-
, gebracht. Als einen Epigonen dieser politisch-historischen Gruppe
fassen wir Josef Viktor Scheffel (1826—1886) auf; freilich istes ein Nachkömmling, der das Schwert wider die eigene Muttergerichtet hat.
Über wenige neuere Poeten gehen die Urteile so weit ausein-ander wie über Scheffel. Ein geistreicher Kritiker, Wilhelm Bölsche ,nennt ihn Heines größten Schüler; andere bedeutende Richter wollenvon der ganzen „Bummelpoesie" nichts wissen. Seinem Kultusist ein eigener „Scheffelbund" geweiht; Scheffel-Reliquien werdenandachtsvoll gesammelt; Scheffel-Kalender erscheinen jährlich nebensolchen, die Shakespeares, Goethes, Schillers, Heines Namen tragen,^ und kein Dichter unserer Zeit ist in so vielen Denkmälern, Denk-
steinen, Denktafeln verherrlicht. Wenn aber die „Jüngsten" Typendes abgethanen Dichtertums suchen, so nennen sie neben Geibel undBodenstedt am liebsten Scheffel.
Daß nicht alles mit ihm „in Ordnung ist", zeigt sein Leben.Ein liebenswürdiger Jüngling von überströmender Heiterkeit — undein verbitterter, vergrämter Mann; große Anläufe, große Erfolge^ . — dann völliges Stagnieren; nach erstaunlicher Produktion nur
noch Fragmente oder Kleinigkeiten. Auf die acht Jahre vom„Trompeter vou Sükkingen" (1855/ bis zum „Ekkehard" (1862)^. ^5)^.drängt sich fast seine ganze poetische Arbeit zusammen; denn^NeDaten des Erscheinens führen irre, wie Scheffels Biograph Prölßbemerkt: ,„Hugideo', 1857 entstanden, erschien 1883, ,Juniperus ",1859 geschrieben, erschien 1866, die 1868 zur Veröffentlichung ge-^» brachte Liedersammlnng ,Gaudeamus' war zur größeren Hälfte
bereits um 1855 druckreif, und die andere Liedersammlung ,FrauAventiure' (1863) enthält Gedichte, deren Entstehung mehr alssechs Jahre auseinanderliegt. Ja selbst die ,Bergpsalmew, bisherfür ein Werk des reiferen Alters gehalten und 1870 dem Buch-handel übergeben, hat Scheffel bereits 1860 von einer Alpenreiseheimgebracht." Aber auch der „Ekkehard" war schon 185^ fertig: