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1850—1860.
auf dem Hoheu Säntis , hält er die erste Kur. Dann bringt er(bis Feb. 1855) die Anmerkungen zum „Ekkehard" fertig — aberschon schreibt er, er habe sich an dem Roman schier zu Schandengearbeitet. Am 4. Juni 1355 reist er wieder nach Italien undzwar mit keinem Geringeren als dem Maler Anselm Feuerbach ,der wie er Maler und Schriftsteller zugleich war, wie er den Hafis nnd die freie Kunst verehrte. Aber hier überarbeiten sich beide.Feuerbach bricht vor der Staffelei zusammen, „Scheffel war zumSchatten geworden nnd konnte nicht mehr arbeiten". Unzweifel-haft war dies krankhafte Überarbeiten in der Julihitze von Venedigselbst schon ein Symptom der Nervosität. Von jetzt ab hat Scheffelkein größeres Werk mehr vollendet, mit so viel Plänen zu roman-haften Darstellnngen des Tizian , Heinrichs von Ofterdingen undanderer er sich auch trug. Er wurde schwer krank und litt vonda ab an Anfällen von Trübsinn. Die günstige Ausnahme desRomans tröstet ihn nicht; als einen Akt der „Desperation" sah erselbst die Reise nach Südfrankreich an. Viel fehlte nicht, er wäreso zerstört heimgekehrt wie einst Hölderlin . Angesichts der GroßenKarthause fragt er sich, ob die Mönche so unrecht hätten: „insilsirtio st 8ps ei-it tui-titnäo ve8tra" — hatte 'er selbst dochschon in den „Trompeter" wie in den „Ekkehard" Helden desSchweigens und das Lob der Stille verflochten. In München , wo-hin ihn (1856) nur die Einladung eines Freundes, nicht eine Be-rufung des Königs gezogen hatte, hält der Gast des Künstlerhofeses nnr kurz aus; feiue geliebte Schwester, die ihn^das Haus führte,starb. Von da ab ist er „der Fremdling, der Unbehauste". KurzeZeit weilt er als Bibliothekar (1858—1859) in Donaneschingen, kanmttinger in Eisenach , wo ihn die Gunst des Großherzogs und der durchSchwunds Fresken ihm eingegebene Plan des Wartbnrgromansnicht fesseln konnten; die Franzosenfurcht in Süddeutschland nimmter (1859) wohl mehr zum Vorwand, um in das Vaterhaus zuflüchten. Hier hat er einen gelähmten und geistig zurückgebliebenenBruder zu pflegen; aber plötzlich (November 1860) bricht bei ihn:Verfolgungswahn aus, er will iu ein Kloster der Provence, er wirdschwer krank in Liestal in der Schweiz anfgefuudcn. Nach derHeilung bringen ihm taktlose Zeitungsnachrichten neue Aufregung.„Ein- Tassoschicksal", schrieb die Mutter; in der That: auch hierlag das Verhängnis mehr in dem kranken Wesen des Dichters alsin den Umständen. Er tangte nicht mehr für die Welt. Der kurze