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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Entstehung
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18501860.

laßt mich in Ruhe! Und wieder in dieser Ruhe eine nagende Un-rast, ein Bedürfnis, sich zn schaffen zu machen, eine Unbehaglichkeit,die mit der rastlosen Strebsamkeit etwa eines Hebbel oder Ludwignichts, aber auch gar nichts gemein hat.

Und woher dies alles? Ich glaube: weil Scheffel seinIdeal"zu gut erreichte. Hätte er, wie Gottfried Keller , statt der roman-tischen Ungebundenheit, statt deS freien Lebens in schöner Um-gebnng den solchen weichen Naturen so heilsamen Zwang zur Ar-beit kennen gelernt wir hätten mehr von ihm, er mehr vomLeben gehabt. Nicht grundlos schreibt er einmal an den Vogt derWartburg : in Zuknnft möchte er gebunden werden. Aber daß erjeder Nähe eines Zwangs furchtsam auswich, lag eben selbst wiederin seiner problematischen Natur.

Haben wir uns mit diesen Ausführungen, wie wir fürchten,mit unsern Lesern vielfach in Widerspruch gesetzt, so müssen wir sieleider uoch stärker reizen. Wir müssen bekennen, daß wir den beidenHauptwerken Scheffels nur einen vorübergehenden Wert zuzugestehenvermögen, dauernden aber den Produktionen, über die es jetzt Modeist die Achseln zu zucken: den Gedichten und vor allem derBummelpoesie".

Der Trompeter von Säkkingen" (1854) gehört zu denBüchern, die die Popularität bei uns unpopulär gemacht haben. Schondie Illustrationen Anton von Werners sind nicht nach jedermannsGeschmack; aber nun ward derTrompeter" auch noch komponiert, undalle Welt sangDas ist im Leben häßlich eingerichtet" vielleichtdas schwächste, jedenfalls das einzige ganz triviale Gedicht in demganzen Werk! Darüber vergaßen neuere Kritiker allmählich, was dieälteren überschätzt hatten, überhaupt zu beachten. DerTrompeter"ist seiner Anlage nach sehr wenig originell: der alte Schloßherrund sein reizendes Töchterlein, der Künstler als Bewerber, Kampfund Pflege im Schloß, Fahrt nach Italien nnd neue Begegnung,eingelegte Lieder all das gehört znm alten Bestand der Romantik,und fast alle Hauptzüge finden sich in Wilhelm HauffsLichten-stein". Wilhelm Hauff hat nach Prölß auch wirklich auf deujungen Dichter eingewirkt, neben ihm besonders der heimatlicheHebel und DaumersHafis "; ferner aber die in die Vorgeschichteder Eltern Scheffels reicheudeu Berichte von Säkkingen und denromantischen Zeiten des feudalen Mittelalters. Auf die Form hatvor allem HeinesAtta Troll " Einflnß geübt, auf die Ausführung