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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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ggg 1860-18S0.

Wohl ahnt' er nicht, daß er heraufbeschwor

Den reim- nnd meistcrsingerlichen Chor.

Ein Narr macht mehre, Freund. Doch gieb nur Acht,

Wie viele Thoren erst ein Weiser macht!

Der Maskentrödel, guter alter Zeit

Entlehnt, birgt nun moderne Nichtigkeit.

Da schleift und stelzt ein blöder Mummenschanz,

Ein LandSkncchtminnespiel undGowenanz"

Mit Hei! und Ha! und Phrascnspuk verbrämt,

Der totem Knnstgebranch sich anbeqnemt.

O wie den Herrn, die nichts zu sagen hatten,

Die fremde Schnörkelrcde kam zu statten,

Und wie der Zeit, die nicht zn eignem Stil

Den Mut erschwang, die Äfserei gefiel!

Die scharfen Worte richten sich zunächst gegen Julius Wolsf(geb. 1834) aus Quedlinburg , der in der That in der Technik wiein der Popularität der nächste Erbe Scheffels ist. Wolfs, der denganzen Fcldzug von 1870 mitgemacht hat, ließ zunächst Gedichteerscheinen (Aus dem Felde" 1871), dann sein erstes Versepos:Till Eulenspiegel rsäivivus" (1874). Julian Schmidt bespraches wohlwollend wie denn dergrimme Julian Schmidt" vielmehr junge Talente ermuthigt hat als dersanfte Karl Frenzel "und fand sich durch den ganzen Ton außer an Scheffel auch anEichendorff erinnert.Dazu kommt ein volles gesättigtes Natur-gefühl, ein begeistertes Auge für das Eigentümliche der Landschaft.Einzelne gemütliche Genrebilder, z. B- die Kneipe unter der wildenWeinlaube, haben in ihren Umrissen geradezu etwas Goethesches."Er hob auch den realistischen Fortschritt hervor, daß der fahrendeSpielmann jetzt die Weiusorten genau unterscheide, wo man sichin der Zeit unserer alten Romantik damit begnügte,den goldenenWein in grünen Römern im allgemeinen zu besingen"; hierin aberist Wolsf nur Schüler Roauettes. Aber Julian Schmidt vermißteanch schon hier Menschen in den Kostümen. Das ward dann immerschlimmer. DerNatteufänger vou Hameln" (1875) undDer wildeJäger" (1877) Wolffs bestes Werk versuchten wenigstensnoch, gewisse Typen kräftig herauszubringen, den Vaganten, denRatsherrn, den Pfaffen, den Schloßherrn; aber imTan»Häuser"(1880) ging die Zeichnung ganz über dem glatten Klang verloren.Es folgten dann noch andere Romanzen (Lurlei" 1886) undhistorische Romane, denen nun auch Wolffs große Fähigkeit leichtmelodischer, wenn auch nie individueller und nie individualisierender