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18S0—1860.
alle brauchbare Zeit für wissenschaftliche Arbeit zu verwenden." Frühhatte er den Augenspiegel entdeckt und als der erste eine lebendemenschliche Netzhaut klar vor sich liegen sehen. In unseren: Zeit-raum begann er (1866) das erste seiner epochemachenden Werke zuveröffentlichen, das „Handbuch der Physiologischen Optik"; später warder der Kolumbns für die von diesem Zeitraum neu entdeckte „Weltdes Ohrs". Aber die Touempfindungen interessierten doch denForscher nicht so ausschließlich, daß er uicht leidenschaftlicher Musik-freund gewesen wäre; der Optiker mochte über Goethes Farben-lehre noch so ungünstig urteileu — er bewunderte den Dichter, wiesein Lehrer Johannes Müller es gethan, eitierte ihn gern, schriebaus vollkommenster Kenntnis über den Forscher Goethe . Seiue„Wissenschaftlichen Abhandlungen" (seit 1881) gaben einer Zeit, inder alle Dichter Specialitäten pflegten, wieder den Anblick eineruniversellen, im höchsten Sinne humaneu Natnr. Rühriger alsder vornehme Physiker mit den prachtvoll kühlen Augen bemühtesich Emil du Bois-Reymond (1818—1896) um den Beifallweiterer Kreise. Der geistvolle Physiolog hatte von seinen fran-zösischen Vorfahren nicht nur die Vorliebe für den akademischenPrunkvortrag geerbt, sondern mich die Neigung, die Pointe zuüberschätzen; aber mochte er in seinen Reden und Abhandlungenmethodologische oder biographische Fragen behandeln, mochte er(1872) gerade aus dem Geist der Wissenschaftlichkeit heraus vor-lauten Vaccalaureis jenes berühmte .lAnoravimus« zurufen, dasden Umschwung in dem Kultus der Wissenschaft andeutete, odermochte er (1882) doch selbst wieder aus dem rechten Gelehrteu-hochmnt heraus den sonst von ihm hochverehrten Goethe ungeschicktgenug angreifen („Goethe und kein Ende") — immer interessierteer, regte Diskussionen an, brachte das gelehrte Denken mit demöffentlichen Fühlen in Berührung und erweckte elektrische Funkenaus dem Kontakt. Auch Politiker wie die Juristen Rudolf Gueist(1816-1894), Franz v. Holtzendorff (1829-1889) und Rudolfv. Jhering (1818—1892), der Mediziner Rudolf Virchow (geb.1821), der Statistiker Nümeliu (1815—1889), ein grundgescheiterSchwabe, dazu die früher aufgezählten Historiker faft ausnahmsloswirkten nicht minder eifrig in populäre» Vorträgeu und Abhandlnngen.Niemals war der Bildungseifer Deutschlands größer. Die öffentlichenVorträge in der Berliner Singakademie gewannen für die Hanptstndteine Bcdentuug, wie uur einst A. W. Schlegels und später Humboldts