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1850—1860.
„Aphorismen" und den „Parabeln" kehrt immer wieder zu denProblemen der litterarischen Kunst zurück; und ihre Darstellungverdichtet sich, wie bei Goethe, gern zu Aussprücheu allgemeinerArt. „Lore ist aus dem Leben gegangen, ohne eine noch soflüchtige Reguug des Gefühls gekannt zn haben, das den Menschenam höchsten adelt — der Verehrung." „Die Weberbäuerin ist nurverschrieen, wie hentzutag jedes, das verlangt, daß seine Dienstleut'ihre Schuldigkeit thuu." Das sind nur einzelne Anwendungenjener zeitlosen Weisheit oder jener klugen Zeitkritik, die in den„Aphorismen" gipfeln. „Einer der seltensten Glücksfälle, die unswerden können, ist die Gelegenheit zu eiuer gut augeweudeten Wohl-that", — das ist allgemein gesagt, könnte aber bei Miladas Schicksalim „Gemeindekind " stehen. „Dn kannst so rasch sinken, daß dn zufliegen meinst" — ein tieses Wort, das zu dem „Schädlichen" oder„Unsühnbar" so gut wie zu den litterarischen Satiren als Mottogesetzt werden könnte.
Aus einer Quelle, wie ihre Novellistik und ihre Didaxis, gehenauch ihre Kuustübnng und ihre Kunstkritik hervor. Moralisch imhöchsten Sinne ist auch diese. Sie schildert in ihrer tiefsten Ge-schichte, „Das Schädliche", Lorens Klavierspiel-. „Große Kälte beigroßer Sinnlichkeit. Eine unvergleichliche Kunst, Feuer anzulegen,ohne selbst Feuer zu fangen. Moralische Mordbrennerei". Mankönnte das Wort für Wort auf Autoren wie Halm anwenden —einen anderen Sprößling der österreichischen Aristokratie, dem dieslavischen Einflüsse so schlecht bekamen, während sie auf Mariev. Ebner nur erzieherisch, zur Toleranz und Sanftmut lenkendgewirkt haben. Aber die moralische Fundierung der litterarischenKritik ist immer bedenklich. Von vornherein neigt die Satire derFran v. Ebner etwas stark zur Karikatur; wie jede vollsaftigeNatur hat sie mit jeder ihrer Schöpfungen etwas gemein, selbstmit der bösen Parodistin Edith und ihrer Tochter Lore. Dasmerkt mau an ihrer litterarischen Satire. In diesem Heini Rufinin „Verschollen", in der Dilettantenfamilie des „Bertram Vogel-weid" erkennen wir nicht Typen moderner etwa auf dem Abwegbegriffener Richtungen in bildender Kunst und Litteratur, sondernlediglich aus Schlagwörteru zusammengeklebte Allegorien. HeiniRufin bleibt, so trefflich auch der Gestus beobachtet ist, mitdem er seine Skizzen beiseite schlendert, eine Figur ohne innereWahrheit; und warum muß der Repräsentant der neuen Effekt-