Pessimisten und Hnmvristen,
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abseits davon die laute Lustigkeit eines Scheffel nicht selten nachGalgenhumor und innerer Unbefriedigtheit klang. Die Tüchtigenselbst waren nahe daran zu verzagen. Es bedeutete schon eineneue Zeitstimmung, als der antireligiöse Optimismus Jordans oderder katholische Feuereifer Fr. W. Webers — in dem freilich auchrecht viel Weltschmerz steckte — gegen Ende dieses Zeitraums einstärkeres Echo zu finden begannen.
Im ganzen war es eine Periode der Vereinzelung, der „Atomi-sierung", wie man sich dreißig Jahre später auszudrücken liebte.Anch in der Wissenschaft herrschte ein ängstliches Specialisieren,von dem sich nur die bedeutendsten und kühnsten Geister frei machten;dann hatten aber nicht nur ein Riehl, dem wirklich immer etwasDilettantisches anhaftete, sondern auch Gelehrte von Weltruf wieDühring, Haeckel, Scherer, selbst Helmholtz, den Vorwurf des „Dilet-tantismus" oder „Feuilletonismus" zu befahren. Ebenso hatten es inder Litteratur Novellisten und Romanschriftsteller, Lustspielverfasserund Tragödienautorcn, Lyriker und Prosaisten vielfach zu einerreinlichen Arbeitsteilung gebracht, die jedem das Monopol einerbestimmten Fabrikmarke gewährte; und wollte dann etwa Ebersaus dem ägyptischen Roman heraus, so war das Publikum ärger-lich über diese Eigenmächtigkeit.
Schon Wilhelm Raabe , in so vielen Dingen er auch Reak-tionär ist, gehört in einem entscheidenden Punkt ganz der neuenPeriode an; er ist Specialist durch und durch, immer „Humorist",immer in einem oft genug zur Manieriertheit ausartenden künst-lichen Stil befangen.
Ihm treten allerlei kleinere Humoristen aus die Fersen. JuliusStettenheim (geboren 1831 in Hamburg ) brachte es in dem Aus-beuten gewisser fast mit Maschinenkraft betriebener Witz-Schablonenzu einer virtuosen Fertigkeit. Eine wirklich fruchtbare Idee lag zuGrunde: die frivole Unzuverlässigst gewisser Berichterstatter ver-diente wirklich in dem von Bernau, einem Landstädtchen bei Berlin ,über den russisch -türkischen Krieg referierenden Wippchen oder in demallemal hinausgeworfenen „Interviewer" gegeißelt zu werden. Nunerfand sich aber der rein verstandesmäßig arbeitende Redakteurder „Berliner Wespen" gewisse stehende Hilfsmittel zur raschenWitzerzeugung, wie Wippchens Sprichwörter-Vermischungen, diefreilich oft genug sehr spaßig wirkten; oder er sammelte unlösbare„Fragen au deu Unfehlbaren", oder Namen für nicht zu rauchende