650 1860—1870,
druck aus seinem besten Roman anzuwenden) vor der Verweichlichunggeschützt, die den Münchener Kreisen nahe lag. Geibel führte den blut-jungen Juristen in die Litteratur ein; seine „Gedichte" (gesammelt1883) schlugen einen wirklich nenen Ton an in ihrer srischeu un-mittelbaren Männlichkeit. Die prachtvolle Ballade von der Send-linger Bauernschlacht oder der energische „Trinkspruch", die schlichtenTrauergedichte, die srischen Widmungen vor verschiedenen Büchern— das ließ eine Persönlichkeit ahnen, die wirklich das Starke mitdem Zarten zu vereinen wußte. Auch wo er unter Heyses Einflußstand wie in der satirischen Verserzählung „der Pinsel Mings"(1868) oder der witzigen, in der Abtönung des Verses etwas anHeyses „Salamander" erinnernden „Falschen Gräfin", auch dablieb er doch ganz er selbst: eine merkwürdige Frische, ein gemüt-lich schmunzelndes Selbstbehageu, eine znweilen gutmütig polterndeRauheit blieben ihm eigen. Der Roman „Verdorben zu Paris "(1867) machte ihn gleich berühmt: ein der Genialität nicht ent-behrendes Virtnosenstück mit unerträglich brutalein Ausgang, in demer seinen Pariser Aufenthalt (1863) zu lebendiger, aber nirgendsvordringlicher Milieu-Schilderung benutzte. Die nächsten Bücher(„Der graue Freund" 1874 „Juschu" 1875) zeigteu immer nochden famosen Erzähler: burschikos vorgetragen, mit gesuchten Stil-losigkeiten, aber die Gestalten packend hingeworfen, die Fabel spannenddurchgeführt. Noch iu dem „Alten Praktikanten" (1878) undallenfalls den „Bayerischen Dorfgeschichten" (1878) hielt er sichauf dieser relativen Höhe. Dann ging es rasch bergab. Er brachtenun eiuen unerschöpflichen Strom von kurzen und breiten, ernstenund lustigen Geschichten ohne Stil und ohne Psychologie, ohneStimmung und ohne höhere Ansprüche. Etwa das schreckliche„Allheilmittel" (1885): an eine Aktualität angeknüpft in ver-wahrlostem Deutsch die wüste Geschichte eines prachtvollen Ge-lehrten, der im Handumdrehen zum wahnsinnigen Mörder wird,zum „gräßlichen gewissenlosen Fanatiker" und „Scheusal", wieseine unglaublich liebevolle Gattin erkennt. Von der Kraft, mitder etwa Balzac (in ,1-z, ksollsretw äs l'^bsolu«) die Ent-wickelung der fixen Idee darstellt, auch keine Spur; kein An-lauf zu einer Vertiefung des Konflikts zwischen der Gewissen-haftigkeit des Forschers und dem Bedürfnis raschen Triumphes überdie Gegner —- in ermüdender Monotonie wiederholt sich fünfmalderselbe Vorgang, bis wir erfahren, der Retter der Menschheit sei