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geisteskrank geworden. Und welch ein Deutsch! „Mich dünkt, anchdn brauchtest vom Lebenssafte zu nippen!" Oder Nichtigkeitenwie „Im Schlaf geschenkt" (1895) oder breit ausgesponnene Kneip-scherze wie die „50 Semmeln des Studiosus Taillefer" (1891)oder schlechte Liebesgeschichten im Marlittstile, in denen der arme,formlose (nötigenfalls aber doch wieder elegante) Maler die makel-lose Tochter des fürstlich reichen, weltberühmten, unvergleichlichenKünstlers bekommt, obwohl der neidische, geckenhafte, in widerlicherMache schwelgende Sohn des Unsterblichen sie ihm nicht gönnt«„Der Genius und sein Erbe" 1887). Hopfeu hat alle Entwickelungaufgegeben und aus der fchludrig hingeworfeneu Erzählung seineSpecialität gemacht: das ist nun seine berechtigte Eigenart, nnd ersetzt dabei eine so sichere, herausfordernde Miene auf, daß der Leserkaum und der Kritiker gar nicht zu mucken wagt, wenn der kleineHerr mit dem wohlgepflegten rotblonden Bart, den zwinkerndenÄugelchen unter der goldenen Brille und die prachtvolle Dogge zurSeite ihn andonnert, halb Korpsbursch und halb Salontiroler.Ist auch der wunderbare „Pinsel Mings", mit dem er einst sovielversprechende Fresken entwarf, längst von ihm genommen — ermalt weiter auf seinen Namen hin „mit dem nächsten besten Besenfrei" und
So weit der Himmel über China blaute,
LaS, was er schrieb, das Volk in Lust beklommen. . .
Ein entschiedenes Talent, dem nie eine Ahnung von dem kam,was Hopfen bewußt aufgab, hat Leopold von Sach er-Mas och,(1835—1895) aus Lemberg lebenslänglich seine Specialität kulti-viert: sinnlich erregende Liebesgeschichten mit stark pathologischemAnstich. Sie fallen oft durch die rohe Stoffhaftigkeit ganz ausder Litteratur heraus und übertreffen oft wieder durch die Sicher-heit der psychologischen Zeichnung und der Darstellung erotischerZustände und Gefühle Dutzende von landläufigen Romanen. —Wilhelmine von Hillern (geb. 1836 in München ) hat von ihrerMutter, der Birch-Pfciffer, die unermüdliche Produktivität uud dieFreude an grellen Effekten geerbt; ihr Rezept ist das alterprobte,die Liebe über alle Hemmnisse siegen zu lasseu („Die Geier-Wally"1875 „Und sie kommt doch" 1879). — Andere nannten wirschon: Georg Ebers (geb. 1837), der freilich seine Specialität, denägyptischen Roman, opferte, aber doch immer in der Nähe blieb;Paul Lindau (geb. 1839), als Kritiker und als Romanschriftsteller