Litterarisches Spccialistentum. 653
wie ein Freund es ausdrückt, „die meisterhafte Schilderung des Ka-sernen- und Kantinenlebens, die intime Zeichnung des gemeinen Sol-daten mit seinen Leiden und Freuden, seinem Hassen und Lieben".Hier gelang ihm in dem Soldatenroman „Die schöne Helena" (1890)das Beste; auch die Rauheiten und Unebenheiten seines Stils warenhier am Platze. Auch sonst wandte er sich gern der Schilderungungebildeter Jnstinktmenschen zu und malte etwa („Lou" 1887)etwas Rousseauisch-sentimental, wie verloren das reine edle Herz desSchwarzen in der verdorbenen Pariser Welt unter den Schlägender Schicksalspeitsche zuckt. Aber er begehrte höhere Anerkennung.Gerade daß Fanny Lewald , die kluge Menschenkennerin, ihm zuge-rufen hatte, er werde immer nur „einspännig fahren", geradedas lockte ihn zu größeren Gestaltungen und zu Bühnenerfolgen(„Satisfaktion" 1892). Es ging ihm aber wie Ebers: verließ erdas Gebiet, auf dem er Specialist geworden war, so ward ihm dieGunst des Publikums untreu — und nicht ohne Berechtigung.Das vermeidet deshalb sein österreichischer Kamerad Karl Torresani v. Lanzenfeld (geb. 1846 in Mailand ) und bleibt den flottenReiter- und Offiziersgeschichten tren („Aus der schönen wildenLieutenantszeit" 1887 „Schwarzgelbe Reitergeschichten 1892 „JbiUbi" 1893).
Ernster, pädagogisch gerichtet hat der kernige StadtpfarrerHeinrich Hansjakob von Freiburg i. Br. (geb. 1837 in Haslach i. B.) die fromme Schwarzwäldererzählung zu seinem Sondergebictausgebildet („Aus meiner Jugendzeit" 1880 „Wilde Kirschen"1888, „Schneeballen" 1891" „Bauernblut" 1896). Auch er prägtgern die eigenen Erlebnisse aus („Aus meiner Studienzeit" 1885),kräftig, schmucklos; in der energisch beigefügten Moral steckt etwasvon Alban Stolz und der Freiburger Tradition. Ein wenig vonJeremias Gotthelf ist auf diese kräftige Persönlichkeit mit ihremHaß gegen die moderne Kultur und ihrer Liebe zur Heimat über-gegangen. „Sein Blick," sagt Albert Geiger, „hat eine wundersameFundkraft für Gestalten des Volkslebens; mit ein paar Strichen,voll höchster Ökonomie der Schilderung, stellt er Typen aller Arthin." Größere Geschichten „romanartigen Stils" aber muß auchdieser liebevolle Kritiker formlos und leicht weitschweifig schelten.
Auch Heinrich Noi? (1835—1896) erhob sich auf seinemSondergebiete weit über den Durchschnitt. Wie Hopfen und Wil-helmine v. Hillern ist er in München geboren; die Stadt schien jetzt