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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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1860-1870,

den vielen eingewanderten Dichtern mit eingeborenen Autoren einParoli biegen zn wollen. Nach vielseitigem Studium, das ihngerade auf seine künftige Arbeit gut vorbereitete er trieb Natur-wissenschaften und Linguistik ward er durch seine Reisen zuReisebcschreibnngen geführt uud nahm bald die Führerschaft aufdem Sondergebiet der Reise- und Landesbeschreibuug aus dergealterten Hand Lndwig Steubs (Bayrisches Seebuch" 1865,Österreichisches Seebuch" 1867,Brennerbuch" 1869,DeutschesAlvenbnch" 1875 1888,Deutsches Waldbuch" 1894). Aucher war, wie der Ethnolog Ratzel ihm bezeugte, immer Prophetund Lehrer, ja ein gut Stück Mystiker (Sinnbildliches aus denAlpen " 1890); er ist lyrischer gestimmt als Steub, mit dem erdie unverlöschliche Frische der Naturfreude teilt. Sein Hauptvorzugbleibt aber doch die klare, reinliche Wiedergabe des scharf Gesehenen,das er sofort im Tagebuch festzuhalten pflegte. Auch sein Stilzeugt davon. Gegeu überflüssige Beiwörter führte er einen ernstenKrieg:er behauptete, sie erstickten die kräftigen, arglosen Haupt-wörter in ihren Massenumarmungen und trügen die Hauptschuldan dem Herunterkommen der deutschen Sprache." So vertritt ergegeu Humboldts blumen- nnd adjektivreichen Stil, dem nochGregorovins deu seinen nachbildete, die Reaktion, wie denn gleich-zeitig auch in der Landschaftsmalerei der Protest gegen die mitinteressanten" Beigaben geschmücktehistorische Landschaft" auf-kam. Sicherlich muß das nackte, kräftige Hauptwort wieder mehrzu Ehren kommen; aber das Beiwort ist doch unschuldig an demMißbrauch, den beaneme Reiseschilderer mit ihremgroßartig",entzückend",unvergleichlich" getrieben haben!

Endlich haben wir noch eine Anzahl von Lyrikern, die beivielfacher, zum Teil auch über die Grenzen der Lyrik hinans-greifcnder Produktion sich doch ein Sondergebiet zu emsiger Pflegeausgewählt haben. Martin Greif (geb. 1839) hat dasNatur-bild" so eifrig in Beschlag genommen, daß thörichte Verehrerder Welt verkündeten, er habe es überhaupt erfunden! Anspruchs-loser hat der katholische Pfarrer Franz Alfred Muth (geb.1839 in Hadamar ), ein besonders auch in Balladen fast wie Greifproduktiver und unglücklicher Poet, den lyrisch-epischen Schwankzum Sondergebiet gemacht und mit hübschem Erfolg gepflegt.

Wir hatten schon einmal eine solche Zeit eifriger Spezialisten;aber damals war es mehr Schwäche der Anlage, was den Einzelnen