bei einem Lyriker seiner Jugendtage fast von selbst; ebenso, daßder junge Germanist, der noch Uhlands Schüler gewesen war, inMünchen (seit 1853) von Geibel lernte („Sie sagen mir, ich solldich meiden"). Viel merkwürdiger ist es, wie wenig die tiefenStudien dieses gelehrtesten Dichters unserer Zeit die Leichtflüssigkeitund Eleganz seiner Verse trübten. Der stille, nachdenkliche Mannmit den: glühenden Dichterherzen fand vielmehr, indem er sich indie Geheimnisse der Sagensorschnng versenkte oder der Motiv-geschichte mittelalterlicher Dichtung so belesen, so feinsinnnig, sosicher gruppierend nachging wie Uhland, jederzeit Anregung zumpoetischen Gestalten. Es war überall das Problem des Ge-staltenwechsels, das ihn anzog. In dieser Zeit, da die Descendenz-lehre eine fast mythische Gewalt über die Kreise der Gebildeten zu ge-winnen begann, trat dies Problem ganz naturgemäß in den Vorder-grund der Betrachtung: Freytags „Ahnen", Jordans „Sebalds"suchen den Wandel einer Seele gleichsam durch eine Ahnenreihe zu ver-folgen, Wilbrandts „Meister von Palmyra" stellte die durch wechselndeGestalten ziehende Seele von Apelles ' Liebling der in den einenKörper gebannten des Apelles selbst gegenüber. Aber viel früherfchon hatte Hertz aus einem poetischen Platonismus heraus in demschönen Gedicht „Traum und Wirklichkeit" sich von hoher Wunder-ahuung in unbekannte Zeit zurücklocken lassen, da er und die Ge-liebte in einem früheren Leben glücklich waren. Auch fönst ist Hertzein „Grieche", wie Goethe, wie Mörike . Leidenschaftlich verherrlichter Hypatia , die antike Philosophin, die als Blutzeugin vor christ-lichem Fanatismus fiel; mit einer Unbefangenheit, die an Goethes„Römische Elegien " gemahnt, schildert er („Liebe im Wetter") dasvon dem Sturm draußen gesteigerte Glück wonnigen Beisammen-seins; und wie nur irgend die Religionsfeinde Dühring und Haeckelist er der „blühenden Erdenherrlichkeit" ergeben:
Auf deinen Wegen lernte ichZu hassen und zu lieben:In Glück und Unglück irret michKein Droben nnd kein Drüben.
Echte Poesie ist hier auch die Lehrdichtung, weil sie „vonEmpfindung gesättigt" ist wie bei den antiken Dichterphilosophenoder bei Lucrez oder in Goethes „Metamorphose der Pflanzen".
Und aus dieser Empfindung heraus ward Hertz der großeÜbersetzer. Eigentlich sollte man ihn gar nicht den Übersetzer
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