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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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662 18601870.

schienen 1886) von seinen Eindrücken. Nach dem Kriege begründeteer durch eine glückliche Ehe jenes schöne Familienleben, als dessenherrlichstes Denkmal das innig-reineWinter-Idyll" (1886) fort-dauert, sein vollendetstes Werk. Am bayrischen Reichsarchiv ange-stellt, studierte er eifrig die Geschichte seines geliebten Hochlandesdaheim und trat auch in lebhafter Agitation für den Schutz desprächtigen Waldes gegen die barbarischen Waldmörder ein. Gernschilderte er in anschaulichen Beschreibungen malerische Landschaften.So reifte er sehend, lernend, Anteil nehmend. Seine neuen Dialekt-dichtungeu (Weils mi freut" 1876,Habts a Schneid!" 1877,Um Sunuaweud" 1878) sind nach Franz Munckers Urteil dichterischden älteren weit überlegen, edler im Inhalt, fester in der Form,realistisch in der Erfassung, idealistisch in der Gesinnung. Es folgtendann auch hochdeutsche Gedichte (Hochlandslieder" 1879, 1881,Wanderzeit" 1882), aber in den späteren Dialektdichtungen mitihrem kräftigen Humor und in demWinteridyll" liegt seine Be-deutung; und wenigen ist es wie dem liebenswürdigenStieler-Karl " mit dem langen blonden Bart und dem prächtigen Künstler-profil gelungen, ein so ganz reines und in sich vollkommenes Werkzu hinterlassen, wie jenesWinteridyll".

Vor allem aber sind es drei Schopenhauerianer, die kurz vorSchluß dieses Jahrzehnts noch mit ihrer elegischen Lyrik hervor-treten uud die Zeit der Welt- und Selbstunzufriedenheit klangvollzu Grabe läuten. Kämpfer sind sie nicht, oder doch nur mit demWidersacher in der eignen Brust im Kampf begriffen; klagend undmüde wenden sie sich von der Welt ab unter dem vollen Druck desPessimismus. Und dann bezeichnend genug nach 1870fanden alle drei andere Töne.

Eduard Grisebach (geb. 184S in Göttingen ), der Spröß-ling einer alten Familie von Gelehrten, Beamten, Künstlern, ver-einigt in sich alle drei Beruse. Ein Bibliophile von großemRuf, liebt er es, wie Wilhelm Hertz , ein Novellenthema auf feinerWanderung durch die Weltlitteratur zu verfolgen; oder der eifrigeVerehrer Schopenhauers, desBuddha unserer Zeit", studiert dieRandbemerkungen, die der Philosoph in seiner erregten Leidenschaft-lichkeit an den Rand seiner Bücher setzte. Seine litterarische Vor-liebe wendet sich am liebsten den wirklich oder angeblich ver-kannten Größen zu: Bürger (dem Liebling Dührings), Lichtenberg,Heinrich v. Kleist, Waiblinger Natureu alle voll kräftiger