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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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18601870,

bei der Behandlung: kein Wörtlein, das den Leser unnötig auf-hält, ablenkt. Aber ebensowenig bleibt eins fort, das der behag-lichen Stimmung dienen kann, in der man sich Geschichten erzählenläßt. Man fühlt: der Autor ist bei der Sache; er hat seine Leutegern, er freut sich ihrer wundersamen Erlebnisse. Tiefe Psycho-logie wie bei Auzengruber dars man in diesen Bänden (vor allemdem besten:Allerhand Leute" 1888) nicht suchen; wie bei demprächtigen altenglischen Roman der Goldsmith, Fielding, Smolletist die Psychologie der Verhältnisse die Hauptsache, die wunder-same Logik der Menschenschicksale und vor allem das unerschöpf-liche Spiel der gegenseitigen Beziehungen zwischen den Menschen,zwischen Bursche und Mädchen, jung und alt, arm und reich,sromm und ungläubig. Doch wachsen auch aus diesen Abenteuer-geschichteu Einzelfiguren von typischer Bedeutung heraus (Jakobder Letzte" 1888,Martin der Mann" 1891).

Den gleichen Charakter tragen seine autobiographischen Bücher(Waldheimat" 1873,Als ich jung noch war" 1895,MeinWeltleben" 1898), seine Erinnerungen an litterarische Freunde(Persönliche Erinnerungen an Robert Hamerling " 1891,GuteKameraden" 1893): liebenswürdig leicht hinerzählte Einzelzüge, vonlehrhaften Betrachtungen mehr belebt als unterbrochen, weil dieseExkurse nur dem Eindruck Worte geben, den irgend eine Thatsacheauf den Autor macht. Psychologische Fundgruben sind das nicht:aberwo man's packt, da ist's interessant". Überall hat es zuerstNosegger selbst gepackt. Das macht ihn so unerschöpflich. Als ergleich nach derEntdeckung" durch Svoboda zu Rudolf Falb , demspäter so bekannt gewordenen Meteorologen, kam, da hatte der Ein-undzwanzigjährige nach Svobodas Berechnung schon drei bis vierPfund Papier vorzulegen.Aber alles hatte Hand und Fuß."

Nosegger heißt bei sich daheimdie Steiermark auf zweiBeinen"; und eine Steirerfamilie in Honolulu schrieb ihm:DeineBände, o lieber Nosegger, sind das einzige Band, das uns nochmit der Heimat verbindet". Wahrlich, er kann dem Auswandererdie Heimat im kleinen sein. So mannigfaltig nnd doch einheitlich,so tranlich und doch voller Überraschungen ist die Welt, die eraufbaut: wie in der Steiermark selbst steht da Kleines, Unwichtigesneben dem Großen; man hat Stoff genug sich zu freuen, zutrauern, nachzudenken, auch wohl einmal sich zu ärgern. Uner-schöpflich wie das Volksleben selbst fließt diese unvergleichliche epische