gzg 1860—1870.
schlossenen Subjektivität, die ihm unsympathische Gestalten wieGrabbe und Richard Wagner rücksichtslos ablehnte, in der Freudeam gegenseitigen Erhellen oft weit entfernter Puukte. Um soenergischer schloß er sich den Männern der strengen Methode an,um so kräftiger suchte er überall die Technik der philologischenForschung dem Ideal einer objektiven, empirischen Evidenz an-zunähern.
Sein letztes Ziel blieb immer eine auf konkrete Thatsachengestützte Geschichte der deutschen Volksseele. Auch seine zahl-reichen kritischen Aufsätze („Vorträge und Aufsätze" 1874, „KleineSchriften", nach seinem Tode erschienen 1893) und vor allem seine„Geschichte der deutschen Litteratur" (1883) strebte diesemZiele zu. Und hier kam nun dem Manne, der aus Trotz gegenden thatsachenblinden Idealismus einer doktrinären Ästhetik zu-weilen, wie in dem geistreichen EntWurfe einer streng empirischen„Poetik" (erschienen 1888) bis an die Grenzen des wissenschaftlichenMaterialismus ging, die Genialität der eigenen Persönlichkeit zuHilfe. Alle die Frenden, alle die Schmerzen, die die Götter ihrenLieblingen ganz geben, waren ihm ja auch Thatsachen der Er-fahrung; die überstürmende Hoffnung und das tiefschmerzliche Ver-zagen, die Sehnslicht nach Eroberung der ganzen Thatsachenwelt unddas Bedürfnis nach fruchtbarem Anbau eines engen Specialgebietes —er kannte das alles und wußte ihm beredten Ausdruck zu leihen.Deshalb wuchs sein Empirismus, eben weil er voll lebendigenThatsachensinnes war, über deu Materialismus hinans. GroßeGelehrtencharaktere wie Jacob Grimm , dem er (1885) das form-vollendetste seiner Bücher widmete, eine Biographie, wie wir wenigebesitzen, nnd große Dichtergestalten, wie vor allen Goethe, hobenihn zu dem höchsten Flug nachschaffender Interpretation. Da galtvon dem, der sonst Wohl anch einmal kühn die Thatsachen terro-risierte, das schöne Wort Karl Lachmanns , das er gern citierte:„Seinen Geist befreit nur, wer sich willig ergeben hat". Dann ver-senkte er sich begeistert in die Eigenart des Genies und machte dengroßen Mann zum Verkünder der letzten Geheimnisse. Aber ebendie gläubige Überzeugung von Goethes überragenden Größe läßtihn anch ruhig mit sachlicher Kritik und Analyse an die Rätseltreten, die das Schaffen des Dichters darbietet, läßt ihn Stil, Technik,Metrik zergliedern („Aus Goethes Frühzeit" 1879, „Aufsätze überGoethe", herausgegeben von Erich Schmidt 1886) ohne die geringste