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1880—1830,
(1895) war, zwar zu Boden gefallen, aber Wildenbruchs „Heinrichund Heinrichs Geschlecht" (1896) mit Jubel begrüßt worden.Aber mehr als ein äußerlicher Ehrgeiz, ein Verlangen nach Er-folgen neuer Art war doch wohl ein edlerer Ehrgeiz in dem Dichtermächtig. Er war seiner bisherigen Technik selbst müde geworden.Die breiten Zustandsschilderungen, die Gerhart Hauptmann vorallem reizten, wurden seinem thatenlustigeu Temperament lästig.Er wollte sie zurückschieben, was freilich dann doch nicht gelang.Kurze knappe Handlung, ein paar Figuren, das schien zuerst der Wegzu einer Neugeburt seines Dramas; dann: Anlehnung an die alteTradition des historischen Dramas. Vor allem aber strebte er eineernstere Folgerichtigkeit der Psychologie an.
Tendenziös blieb er; aber dieser leidenschaftliche Kampf gegenalte Vorurteile ist das Liebenswerteste an einem Autor, der derKritik so viel schwache Seiten zeigt. Die Wahrheit gegen dieKonvention — das strebte schon die „Ehre" an und mischte dochselbst der „Wahrheit" nur zu viel konventionelle Elemente bei.Jetzt ruft er als Helfer den größten Feind alles hohlen Scheinesan: den Tod. Unerbittlich streift die Nähe des letzten MomentsFlittertand und Schimmer ab. Deshalb waren die Totentänze inallen realistischen Zeiten beliebt. Einen kleinen Totentanz bildenauch die drei Einakter, die Sudermann unter dem gemeinsamenTitel „Morituri" (1896) zusammenfaßte. Auch dies ist eineneue Mode, disparate Einzelstücke unter einem Generalnenner zueiner scheinbaren Einheit zu bringen; von den Gesamttiteln derNovellensammlungen z. B. Paul Heyses haben nach Sudermanuauch Hartleben („Die Befreiten" 1898), Fnlda u. a. diese Manierübernommen. Bei Sudermann entbehrt immerhin die Gesamt-überschrift nicht ganz einer inneren Berechtigung. Wie Hannelesterbend zum Erschauen der Poesie aufblüht, so sehen die Todes-kandidaten das wahre Glück erst in der Erregung des wirklich oderscheinbar letzten Moments. Der Gotenkönig Teja hat sich in eineunnahbare Heroenrolle verpanzert; aber kein prachtvoller Heldentodbedroht ihn jetzt, sondern langsam zehrt Not und Sorge seineKräfte auf. Und jetzt erst in der höchsten Not erkennt er in derbisher verachteten Gattin die Verkörperung des Glückes, nach demsein im Grunde weiches Herz allezeit dürstete. — Der Sohn despreußischen Junkers kennt sich besser; er weiß wohl, daß er nurfür ein Glück im Winkel geschaffen ist. Aber die brntale Lebens-