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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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877
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Holz und Schlaf als Lyriker.

Mombert.

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mus", der jedesmalneu aus dem Inhalt herauswachse":du greifstden Rhythmus, wenn du die Dinge greifst". Die Anordnung solledanndie Einheit von Klang und Inhalt bereits deutlich auch nachaußen geben" ..

Holz nnd Schlaf suchen immerhin noch Momente auf, die her-gcbrachtermaßen lyrische Gefühlsassociationen erwecken. Paul Ernst (geb. 1866:Polymeter" 1898) geht weiter. Für ihn genügtjedes beliebige Bild; einer feinfühligen Natur, scheint er zu meinen,erweckt alles eine nachfühlende Erregung:Wie sie gegen das Fenster sitzt!

Die Augen mit den langen Wimpern auf die Arbeit gesenkt.Halb ärgerlich? sie merkt, daß ich sie anstarre.Vom Scheitel stehen ein paar ganz feine Härchen in die Höhe

und leuchten.

Fertig! Die tüftelnde neueste Kunst scheint nns hier in die altenAbwege jenerunmittelbaren" Poesie zurückzugeleiten, die schon Ar-nold Rüge in seiner Parodie Tiecks so köstlich verspottet:

Hochgeehrter Herr Hofrat!

Dieser unmittelbaren Lyrik,

Das verzeihen Sie gütigst, weiß ich

Mit dem besten Willen,

Sowohl in alter als in neuer Poesie,

Nichts zur Seite zu stellen,

Als etwa diesen

Schwachen Versuch einer freien Nachbildung.

Wo eine starke, lyrisch bewegte Empfindung hinter diesenformlosen Skizzen steht, wie bei Max Dauthendey oderAlfred Mombert (Tag und Nacht" 1894,Der Glühende"1896,Die Schöpfung" 1898), da wird zuweilen die Wirkungstürmischer Rhapsodien erreicht, wie schon in denHymnen an dieNacht" von Novalis . Mombert träumt sich in eine gewisse Ge-samtstimmung, die den Generalnenner für die einzelnen Empfin-dungen abgiebt ein Todkranker phantasiert im Fieber (DerGlühende"), ein Wahnsinniger fühlt sich als weltenschöpfenden Gott(Die Schöpfung"). Durch diese krankhaft erregte Grundstimmungwird von vornherein ein poetisierendes Element in die Rhapsodiengetragen. Mombert gelingen so starke Wirkungen, besonders durchfein geordnete Kontraste. Eine barbarische Unkunst, die die Einzel-eindrücke wild nebeneinander hinwirft, und eiue überfeine Kunst desAbtönens wechseln ab. Wie gelegentliche Göttergaben schneien Reime