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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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Dmma: Halbe. Dreyer. Neuling. 893

wachsen läßt (Frau Meseck" 1897), ein starkes Können bewiesen.Seine Entwickelung wird wesentlich davon abhängen, ob er dieungewöhnliche Begabung für lyrische und epigrammatische Effektein den Dienst einer strengen Charakterentwickelung zu zwingen lernt;bis jetzt hat er, wie Hauptmann in seiner älteren Periode, nurmit fertigen Charakteren gearbeitet, und auch diese nehmen bei ihmleicht etwas Konventionelles an.

Wenn eine gewisse altpreußische Schwere Halbe kennzeichnet,so gewinnt Max Dreyer (geb. 1862 in Rostock) vor allem dnrchdie Frische seiner Darstellung; selbst wo er viel benutzte Motiveanfaßt (Winterschlaf" 1895), giebt er den Gestalten etwas Neues,Unverbrauchtes. Sem Lustspiel (Drei" 1892,In Behandlung"1897,Großmama" 1898) hat mehr von der alten Jntrigen-komödie, als das seiner Mitbewerber, und zuweilen ganz altmodischePossenschlüsse (Hans" 1899); aber ganz modern ist er in derKunst, jede Gestalt mit ihrer eigenen Atmosphäre zu umgeben, sodaß bei jeder Begegnung die ganze Figur leicht nuanciert erscheint.Nichts mehr von der alten starrenDurchführung des Charakters":wir wissen es jetzt, was man so stolzCharakter" nennt, ist dochnicht viel mehr als Disposition. Wir sind nicht geradeein Spielvon jedem Hauch der Luft", aber noch weniger sind wir unbeweg-licheroeliei-s äs dronos". Dazu sind Drehers Lieblinge in ihremgutmütigen Hünentum", wie ein Kritiker sagt (Blonde Bestien"Liebesträume" 1899), in ihrem tapfern Trotz (Liesbeth:In Be-handlung", Liese:Eine") so liebenswürdig, daß man dem Ver-fasser ein freundschaftliches Spiel mit ihrem Schicksal gern nachsieht.

Carlot Neuling (geb. in Michelstadt 1861) liebt es, seinenGestalten schwerere Lasten aufzupacken. Er schreibt gern Märchen(Ans Hag und Tann",Zwischen Licht und Dunkel") und istschließlich bei dem modernen Märchendrama angelangt (Der bunteSchleier" 1898); aber auch seine realistischen Dramen (Der Mannim Schatten" 1897,Das Stärkere" 1897) haben einen leisemärchenhaften Beigeschmack. Die Handlung, die fest und derb wieaus Holz geschnitzten Figuren habeu etwas von M. v. SchwindsMärchenromantik oder Ludwig Richters gutmütig-ironischer Zeich-nung, und gerade darin liegt der eigentümliche Reiz dieser Dramen,die als realistische Lebensbilder die überzeugende Kraft vieler gleich-zeitiger Theaterstücke nicht besitzen.

Ernst Nosmer (eigentlich Elsa Bernstein , geb. 1866) vereinigt