904 1890—1899,
prächtigen Hauptfigur, dem „Proprietär, Früehjer Epicier" AnatoleStieffatre, der weder deutsch noch französisch reden kann) ein ernstesund wirkungsvolles „dramatisches Sittenbild" hervorbrachte: „Lucie"(1896), ein realistisches Gemälde von seltener Unerschrockenheit undenergischer Charakteristik. — Fritz Lienhart (geb. 1865), eingeborener Elsässer, dessen glühende Reichstrene seine kräftigen undwirksamen „Lieder eines Elsüssers" (1895) bekunden, hat in seinem„Gottfried von Straßburg " (1897) ein Patriotisches Elsüsscrdramaim großen Stil zu geben versucht, ist aber leider in WildenbrnchischenTiraden von „des Freiheitstrutzes rauher Urform" und von „unsicht-barem Mönchtum in freiem Weltverzicht" stecken geblieben. Wie vielinteressanter ist der wirkliche Dichter des „Tristan " mit seiner Ironieund seiner Eleganz als diese Wiederholung des alten romantischenDichtertypus! Auch seiu volkstümliche Wirkungen erstrebendesDrama „Till Euleuspiegels Ausfahrt" (1896) scheint mir so wenigals das geistreiche, an lyrischen Schönheiten reiche „deutsche Drama"„Till Eulenspiegel" (1899) von Georg Fuchs (geb. 1868) deudankbaren Stoff mit neuem Lebensblut zu verjüngen.
Das Element, das den Eulenspiegel der Sage vor allemcharakterisiert — Fuchs macht ihn freilich zum Übermenschen, zumVertreter überströmender Lebenslust und Lebenskrast —: der trium-phierende Mutterwitz, könnte wohl der modernen Satire nochdienen. Eine Zeit fruchtbarer Kritik wie diese kann die Satire ja garnicht entbehren. Dem satirischen Drama näherten sich schon MaxDreyer und Ernst Rosmer, mehr noch Hermann Bahr . Reiner warddie Form in dem Volksstück „Die Fahnenweihe" (1894) von JosefRuederer (geb. 1861) aus München ausgeprägt — einem sehr gutkomponierten bäuerlichen Jntriguenstück voller scharf gezeichneter Cha-raktere, in dem die Schlechtigkeit fröhlich zu Ehren kommt. Eut-rüstungspessimismns spricht auch aus den merkwürdigen Erzählungendes originellen, eckigen Bayern . „Ein Verrückter" (1894) schildertin allerdings bis zur Karikatur gehenden Zügen den unglücklichenKampf eines armen Lehrers gegen seinen Pfarrer. Alle Autori-täten sind auf der Seite des intriguanten Dunkelmannes; denFreunden des armen kleinen Empörers bleibt bloß Wahnsinn undElend. Oder in den „Tragikomödien" (1896) wird ein alterböser, zäh am Leben hängender Bauer wie Halbes Frau Mcseckfast zur allegorischen Figur: das schlechte schädliche Alte begräbtgriusend alles junge hoffende Leben. Die Erzählung vom „Gans-